Melonis Angriff auf die Justiz

von Redaktion

Nach Urteil: Die italienische Regierung will Abschiebungen per Gesetz erzwingen

Ärger mit der Justiz: Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihr Infrastrukturminister Matteo Salvini. © dpa

Rom – Italiens Vorgehen beim Thema Asyl gilt zahlreichen Regierungen in der EU als Modell. In Rom ist dieser Tage hingegen von einer „Blamage“ die Rede, weil das gerade erst eröffnete italienische Abschiebelager in Albanien schon wieder leer ist. Alle 16 in der vergangenen Woche von der Marine nach Albanien transportierten Migranten haben das von Italien betriebene Lager in Gjadër innerhalb kürzester Zeit wieder verlassen (wir berichteten).

Vier Migranten stellten sich nach einer ersten Untersuchung als minderjährig und vulnerabel heraus. Die geplante Abschiebung der zwölf weiteren hatte ein Gericht in Rom für nicht rechtmäßig erklärt.

„Ich denke, einige Richter und Staatsanwälte wollen ihre persönliche Vorstellung von Gesellschaft und Politik per Rechtsprechung durchsetzen“, sagte Senatspräsident Ignazio La Russa gestern der Zeitung „La Repubblica“. La Russa ist Mitgründer der rechten Meloni-Partei Fratelli d‘Italia. Zuvor hatten Meloni und Justizminister Carlo Nordio das Urteil kritisiert. „Ich denke nicht, dass es an der Justiz ist, darüber zu entscheiden, welche Länder sicher sind, sondern Aufgabe der Regierung“, sagte Meloni.

Am Freitag hatte ein Gericht in Rom die Abschiebung der aus Bangladesch und Ägypten stammenden Migranten unterbunden, weil es sich nicht um sichere Herkunftsländer handelte. Die Richter beriefen sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, demzufolge ein Herkunftsstaat nur dann als sicher gilt, wenn die Sicherheit für die Menschen auf dem gesamten Territorium garantiert ist. In Bangladesch und Ägypten sei das nicht der Fall.

Um ihr Albanien-Modell zu retten, verabschiedete die Regierung am Montagabend in einer außerordentlichen Sondersitzung eine veränderte Regelung. Damit erhofft sich die Regierung mehr Effektivität bei den Abschiebungen. Bislang orientiert sich die Regierung an unverbindlichen Einschätzungen des Außenministeriums, das 21 Herkunftsstaaten als sicher eingestuft hat.

Nach noch unbestätigten Informationen der Tageszeitung „La Repubblica“ soll die Liste sicherer Herkunftsländer künftig im Regierungssitz festgelegt wird – also im Hause Meloni direkt. Zudem wurden Nigeria, Kamerun und Kolumbien von der Liste der sicheren Herkunftsländer gestrichen.

Zuletzt hatte sich schon Verkehrsminister Matteo Salvini (Lega) abfällig über die Justiz geäußert und sie als „teilweise politisiert“ bezeichnet. Salvini ist in Palermo wegen Freiheitsberaubung angeklagt. Als Innenminister hatte er 2019 einem Schiff mit 147 Migranten der Hilfsorganisation Open Arms die Einfahrt nach Lampedusa verweigert. Die Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Haft. Am 20. Dezember fällt das Urteil.
JULIUS MÜLLER-MEININGEN

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