„Das Geld für Asyl fehlt woanders“

von Redaktion

Mit den Redakteuren Georg Anastasiadis (r.) und Christian Deutschländer. Die Bayern-Fahne steht im „Großen Arbeitszimmer“ der Staatskanzlei neben Söders Büro.

„Aus Mutlosigkeit und Angst ist noch niemals Sicherheit entstanden“: Markus Söder beim Interview diese Woche in der Staatskanzlei. © Fotos: Astrid Schmidhuber

Die Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig läuft. Heute stößt Bayerns Regierungschef Markus Söder zu den Kollegen. Er rät zu einem strikteren Kurs in der Migrationspolitik. Wir haben uns vorab mit dem CSU-Chef zum Interview in München getroffen.

Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Megathema Migration: Wird das ein Durchbruch oder eher nur ein Kaffeekränzchen?

Viele haben noch immer nicht den Ernst der Lage erkannt und ignorieren nach den Wahlen im Osten die Stimmung der Bevölkerung. Ich rate dringend zum Umdenken. Die Migration wächst unserem Land über den Kopf. Andere Staaten in Europa haben das begriffen: Polen will das Asylrecht aussetzen, Holland will es nicht mehr anwenden, Italien kämpft um den Asyl-Deal mit Albanien. Nur Deutschland läuft all dem hinterher.

Was verlangen Sie? Auch das Asylrecht zu kippen?

Wir brauchen eine grundlegende Wende. Konkret: Zurückweisungen an den Grenzen wären sofort möglich. Und natürlich braucht es eine Änderung des Asyl-Grundrechts in Deutschland und Europa. Wir stehen als Union für solche Schritte bereit. Um beide Maßnahmen mogelt sich Berlin herum.

Immerhin gab es ein kleines „Sicherheitspaket“ aus Berlin. Die Länder haben es im Bundesrat gestoppt. War das taktisch klug?

Es gab große Ankündigungen, aber am Ende ein weichgespültes Gesetz. Zum einen ist die Leistungskürzung für abgelehnte Asylbewerber nur noch eingeschränkt auf kleine Gruppen. Oder die Rückführung von Straftätern gilt plötzlich nur noch bei allerschlimmsten Verbrechen. Und ein biometrischer Abgleich für Fahndungen durch die Polizei soll jetzt nur noch durch den BKA-Präsidenten persönlich möglich sein. Man spürt, wie die Grünen in ihrem naiven Weltbild dem Entwurf den Zahn gezogen haben. Dieses Paket wird wenig helfen und kostet die Politik wieder Glaubwürdigkeit. Deshalb fordern wir als Union Maßnahmen, die wirken.

Gehört die Total-Streichung der Leistung für abgelehnte Asylbewerber ins Paket?

Für abgelehnte Asylbewerber, die das Land verlassen müssten, darf es nur das absolute Minimum geben. Wir brauchen außerdem eine sofortige Ausweisung von Straftätern. Ein Rückkehrgeld von 1000 Euro ist dabei völlig absurd. Insgesamt steigen die Ausgaben für Asyl und Migration jedes Jahr weiter. Wir können uns das nicht mehr leisten. Das trifft auch Bayern. Seit meinem Amtsbeginn im Jahr 2018 haben wir über 15 Milliarden dafür ausgeben müssen. Allein für 2025 brauchen wir wohl wieder drei Milliarden Euro. Das Geld fehlt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten woanders. Wir stehen für Humanität und helfen gerne, aber niemandem ist gedient, wenn wir unser Land überfordern.

Was wird aus dem Bürgergeld für Flüchtlinge aus der Ukraine?

Wir sollten das Bürgergeld für die Ukrainer stoppen. Das wäre fairer und setzt mehr Anreize, Arbeit aufzunehmen – da gerade viele Menschen aus der Ukraine qualifiziert sind. Das Bürgergeld insgesamt ist sozial völlig ungerecht. Es bestraft die Fleißigen. Das muss geändert werden. Die Kosten sind immens hoch: Deutschland zahlt ungefähr so viel Bürgergeld, wie wir in den gesamten Verteidigungsetat stecken. Das Ganze ist völlig aus den Fugen geraten.

Rechnen Sie mit einer Migrationswelle durch die Eskalation im Nahen Osten?

Das ist möglich. Hinzu kommt: Niemand weiß, wie das am Ende in der Ukraine ausgeht. Sollte zum Beispiel die USA der Ukraine die Unterstützung entziehen, ist unvorhersehbar, wie viele Menschen in einem harten Kriegswinter zu uns flüchten.

Sie bleiben beim klaren Ja zur militärischen Unterstützung der Ukraine?

Wer glaubt, eine Kapitulation der Ukraine würde Europa sicherer machen, irrt fundamental. Wir sind in einer ähnlichen Situation wie Ende der 70er-Jahre, als es um den Nato-Doppelbeschluss ging. Wir müssen die Ukraine weiter unterstützen. Und wir sollten alles dafür tun, damit amerikanische Soldaten weiterhin bei uns in Europa bleiben. Ich stehe auch hinter der Stationierung von Raketen in Deutschland, um unsere Sicherheit zu stärken.

Ausgerechnet MPK-Gastgeber Michael Kretschmer muss gerade ein Bündnis mit dem BSW formen. Fürchten Sie, er wird künftig zur Handpuppe der angeblichen Friedenspolitikerin Sahra Wagenknecht?

Die Aussagen von Frau Wagenknecht gefährden die Sicherheit und Freiheit Deutschlands. Das ist Moskau pur. Das darf nicht Realität werden.

Ihr Rat an die Ost-Kollegen: Lasst das mit dem BSW, geht in Minderheitsregierungen?

Ich gebe keine Koalitionsempfehlungen von Bayern aus an die Länderkollegen. Aber auf Bundesebene, wo Außenpolitik gemacht wird, ist für die CSU klar: Das BSW und Frau Wagenknecht dürfen keine Verantwortung haben. Wir – und auch ich persönlich – stehen zur transatlantischen Partnerschaft, zur Westbindung und zur Nato. Wenn wir das aufweichen, machen wir uns erpressbar und gefährden unsere Sicherheit und Freiheit. Ich verstehe die Sehnsucht nach Frieden, aber aus Mutlosigkeit und Angst ist noch niemals Sicherheit entstanden. Das hat uns Franz Josef Strauß gelehrt.

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