Landtagspräsidentin Ilse Aigner hat die Studie beauftragt und will das jährlich wiederholen. © Lennart Preiss/dpa
München – Das Vertrauen der Bayern in Politik und Institutionen bröselt nicht dahin – ist aber wackeliger als erhofft. Nur 34 Prozent haben großes Vertrauen in die Parteien, 50 Prozent in die Staatsregierung, 60 Prozent in den Landtag. Das hat der erste „Demokratiereport Bayern“ ergeben, den Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) beauftragt und nun vorgelegt hat. „Wir wollen weg von gespürter Stimmung“, sagte sie, man brauche messbare Zahlen.
Das Bayern-Vertrauen ist immerhin recht hoch in Polizei (87 Prozent), Stadt- und Gemeindeverwaltungen (72) und Justiz (69). Trend: Je älter die von Infratest dimap Befragten, desto stabiler das Vertrauen. Das Grundzutrauen in die Demokratie ist dabei einigermaßen hoch. 93 Prozent sagen, das sei eine „gute Regierungsform“, vier Prozent lehnen das ab. Der Positivwert ist deutlich höher als bei halbwegs vergleichbaren bundesweiten Befragungen. In der Summe seien die Bayern „besonnen und unaufgeregt“, glaubt Aigner den Daten zu entnehmen, „wir lassen uns nicht so schnell auf die Palme jagen“. Studienautor Roberto Heinrich merkt allerdings an: „Nachdenklich stimmt, dass die Unterstützung für Demokratie auch von Bildungsfragen abhängt.“
Aigner hält die 29 900 Euro teure Studie, die jährlich wiederholt werden soll, für sinnvoll und auch notwendig, weil sie den Trend einer gesellschaftlichen Verrohung bei kleineren Gruppen in Daten fassen soll. „Es gibt Unzufriedenheit, zum Teil Wut und Gewalt in der Bevölkerung.“ Von außen wie innen werde die Demokratie angegriffen. Spannend an den Ergebnissen ist tatsächlich, wo für die Bayern rote Linien liegen bei Protest und Zorn. Ein Hauch von Anarchie? Für „gerechtfertigt“ halten 27 Prozent der Befragten, an einer nicht genehmigten Demonstration teilzunehmen; Fabriken, Industrieanlagen oder Ämter vorübergehend zu besetzen, billigen 16 Prozent; Straßen und Verkehr zeitweise zu blockieren, 13 Prozent. Auch Gewalt gegen Personen und Sachen wird in kleinen Mengen gebilligt: Jeweils drei Prozent äußern sich so.
Was Aigner aus den schlechten Daten für das Vertrauen in Parteien liest, ist ein Auftrag an die Politik, die realen Sorgen ernster zu nehmen. „Wir haben keine Demokratiekrise, aber die Parteien stehen vor Herausforderungen. Und wir leben nun mal in einer Parteiendemokratie.“ Explizit mit Blick auf die Migration sagt sie: „Wenn Probleme ignoriert werden, geraten bestehende Parteien unter Druck, es wird Neugründungen geben.“
Auffällig sind auch die Ergebnisse bei Fragen nach Vertrauen in Medien. Dass ausgewogen berichtet werde, bescheinigen 67 Prozent den Öffentlich-Rechtlichen, 65 Prozent den gedruckten und digitalen Tageszeitungen, 44 Prozent den Privatsendern. Die Nutzung digitaler Medien steigt in jungen Altersstufen enorm. Gleichzeitig sagen rund 80 Prozent, Soziale Medien erleichterten die Verbreitung von Falschnachrichten und beförderten die Spaltung.
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