KOMMENTARE

Machtdemonstration Söders am Flughafen

von Redaktion

Der Ministerpräsident greift durch

Erst wollten am Münchner Flughafen die blamablen Pannen kein Ende nehmen, dann die jammervollen Ausreden des Flughafenchefs Jost Lammers. Jetzt ist Markus Söder, besorgt um Bayerns Ansehen als Macher-Land, der Geduldsfaden gerissen: En detail diktiert der wütende Ministerpräsident seinem Top-Manager, was sich am Airport ändern muss, damit sich der Franz-Josef-Strauß-Flughafen nicht länger zum Gespött der ganzen Republik macht. Mehr Personal, mehr Sicherheitsschleusen und ein eigener Vorstand, dessen einzige Aufgabe darin besteht, die Qualitätsmängel abzustellen: So will die Staatsregierung ihr Aushängeschild Flughafen endlich wieder aus den Schlagzeilen bringen.

Der Vorgang ist bemerkenswert: Nur Stunden, bevor sich Lammers in der CSU-Fraktion zu den Vorgängen im Erdinger Moos erklären sollte, verkündet der Regierungschef in unserer Zeitung, was passieren muss. Das ist eine Machtdemonstration des Mehrheitseigentümers Freistaat und eine Watschn für den Flughafenchef. Anders als sein legendärer Vorgänger Michael Kerkloh habe Lammers „kein Kerosin im Blut“, seufzen Eingeweihte. Richtig ist allerdings auch, dass viele Menschen heute lieber Bürgergeld kassieren, als am Flughafen Gepäck zu transportieren.

Söders Machtwort war dennoch überfällig. Die neuen Manager haben sich zu sehr darauf konzentriert, den Flughafen auf Ertrag zu trimmen, und dabei das Kernprodukt Fliegen vernachlässigt. Die Folge: endlose Schlangen, große Verspätungen, langes Warten aufs Gepäck und genervte Passagiere. Dass sich zu allem Überfluss auch noch der Flughafen und sein am Chaos ebenfalls alles andere als unschuldiger Mitgesellschafter Lufthansa öffentlich verkrachten („schlechtester Flughafen Deutschlands“), hat die Lage nicht verbessert. Sogar mit Trennung habe die Politik darauf der Lufthansa gedroht, ist hinter vorgehaltener Hand zu hören. Zuletzt rieben sich viele Gegner der CSU freudig die Hände, stilisierten den Pannen-Flughafen zum Symbol für das angebliche Versagen der Staatspartei, die in Berlin alles besser weiß, aber nicht mal den störungsfreien Betrieb eines Airports hinkriegt. Söder sah den bayerischen Stolz verletzt – und eine gute Gelegenheit, sein Macher-Image aufzupolieren. Er sitzt am Flughafen ab sofort mit im Cockpit. Das heißt aber auch: Wenn‘s nicht schnell besser wird, werden sich die fragenden Blicke bald auf ihn richten.
GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET

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