Hoffnung für Öcalan?

von Redaktion

Kurdenfrage: Anschlag in Ankara durchkreuzt Lockerungskurs

Öcalan-Anhänger bei einer Demo in Frankfurt 2022. © dpa

Istanbul – Fünf Menschen werden getötet, 22 weitere verletzt. Der Anschlag auf ein wichtiges Rüstungsunternehmen in Ankara gehört zu den dunkelsten Kapiteln dieses Jahres in der Türkei. Dass einer der getöteten Angreifer PKK-Mitglied war, wie Innenminister Ali Yerlikaya gestern mitteilte, nährt den Verdacht, die verbotene kurdische Arbeiterpartei könnte hinter dem Terror stecken. Sie verübt immer wider Anschläge im Land. Der Zeitpunkt irritiert allerdings. Denn gerade schien sich im Verhältnis der türkischen Regierung mit der PKK etwas zu ändern.

In Ankara gibt es Gedankenspiele über eine Freilassung des seit 25 Jahren inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan. Ausgerechnet der Chef der ultranationalistischen Regierungspartei MHP, Devlet Bahceli, hatte sich dafür ausgesprochen. Bedingung: Öcalan müsse die Auflösung seiner Miliz verkünden.

Gerade durfte der 75-Jährige, der seit mehr als drei Jahren völlig isoliert wird, zum ersten Mal wieder Besuch empfangen. Sein Neffe Ömer Öcalan, Abgeordneter der prokurdischen Partei Dem, schrieb nach dem Treffen, seinem Onkel gehe es gut. Auch zitierte er ihn mit dem Satz: „Wenn die Bedingungen gegeben sind, habe ich die theoretische und praktische Kraft, diesen Prozess von der Ebene des Konflikts und der Gewalt auf eine politische und rechtliche Ebene zu bringen.“

Zu den Hintergründen der neuen Strategie in Ankara gibt es verschiedene Theorien. Eine besagt, Präsident Recep Tayyip Erdogan wolle sich so die Zustimmung kurdischer Parteien zu einer Verfassungsänderung erkaufen. Dabei geht es um die Möglichkeit für ihn, noch mal anzutreten. Andere glauben, angesichts der neuen Spannungen in der Region wolle Ankara den untergeordnete Konflikt wie den mit den Kurden schnell abräumen. Erdogan sprach jedenfalls von einer „historischen Gelegenheit“.

Welche Auswirkungen der Anschlag auf all das hat, ist unklar. Als Reaktion hat die Türkei 47 „PKK-Ziele“ im Nordirak (wo die Führung der Organisation sitzt) und in Nordsyrien angegriffen. Dabei seien zahlreiche „Terroristen neutralisiert“ worden.
MMÄ/DPA

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