Die Männer im Kreml dürften sich gerade gegenseitig ordentlich auf die Schulter klopfen. Denn die Wahl in der ehemaligen Sowjetrepublik Georgien verlief ganz nach Moskaus Plan. Die prorussische Regierungspartei, finanziert durch einen gut vernetzten Milliardär, geht als Siegerin aus der Parlamentswahl hervor, der anti-europäische Weg des EU-Beitrittskandidaten wird damit zementiert. Dass der sogenannte Georgische Traum nur mit Einschüchterung und Stimmenkauf dieses Ergebnis erzielen konnte, ist natürlich nicht Teil der großen Gewinner-Erzählung.
Doch trotz des vermeintlichen Wahlerfolgs blüht der Regierungspartei alles andere als eine unbeschwerte Amtszeit. Der Georgische Traum muss sich weiter mit der lauten proeuropäischen Opposition rumschlagen. Wortwörtlich. Im Parlament in Tiflis kam es erst im April zu einer Prügelei unter Abgeordneten – Auslöser war das an Russland angelehnte Agenten-Gesetz, das allein dazu dient, die Opposition stumm zu schalten. Schon jetzt haben mehrere Oppositions-Bündnisse angekündigt, das Ergebnis nicht anzuerkennen. Und die proeuropäische junge Generation ist längst protesterprobt und wehrt sich gegen die langen Krallen des Kremls. Georgien steht nicht nur am Scheideweg zwischen Moskau und Brüssel, sondern auch zwischen Demokratie und Eskalation.
LEONIE.HUDELMAIER@OVB.NET