Kamala Harris beim Wahlkampf in Nevada. © AFP
Washington – Am Wahltag des 5. November geht es nicht nur um die Persönlichkeit der beiden Bewerber Kamala Harris und Donald Trump. Welche Folgen dürfte die Wahl realistisch haben – für die USA, aber auch aus dem globalen Blickwinkel? Hier die fünf wichtigsten Prognosen, die sich auf die bisherigen Aussagen der Kandidaten stützen.
1. Wirtschaftspolitik: Für Wähler zählen am meisten Arbeitsplätze und das Preisniveau im Land. Sollte Harris die Wahl verlieren, so steht der wichtigste Grund dafür schon fest: Die unter Joe Biden ungezähmte Inflationsrate, die einstweilig sogar 9,1 Prozent betrug. Diese Rate hat sich nun zwar um drei Prozent eingependelt, doch der Supermarkt-Einkauf schmerzt weiter die Mittelklasse und die sozial Schwachen. Harris verspricht, Mieten zu deckeln und Erstkäufern von Immobilien großzügige Zuschüsse von 25 000 US-Dollar zu gewähren. Hinzu kommt der Vorschlag von Preiskontrollen durch eine neue Behörde, die sich Wucherpreisen bei Lebensmitteln widmen soll. Trump hingegen setzt weiter bei Importen vor allem aus China auf sein „America first“-Prinzip mit Sondersteuern – und auf Steuererleichterungen. 2. Migrationspolitik: Hier hat Harris einen überraschenden Schwenk vorgenommen: Erstmals verspricht sie die konsequente Abschiebung von Kriminellen. Trump steht beim Wähler mit Massendeportationen von Illegalen im Wort.
3. Nahost: Kamala Harris hat den Druck auf Israel erhöht, die Militäraktionen in Gaza und im Libanon zu beenden. Donald Trump lässt Netanjahu weiter an der langen Leine laufen. Wie Biden möchte auch Harris keine Eskalation des Krieges Israels mit dem Iran. Trump hätte mit einer Bombardierung der Nuklearfabriken Teherans keine Probleme. Unterm Strich bleibt das Fazit: Aus Sicht Israels wäre Harris ein unsichererer Kandidat, was Rückendeckung angeht. Der große Gewinner eines Harris-Erfolgs wären der Iran und seine Atom-Ambitionen, da die Demokratin ineffektive Diplomatie fortsetzen würde. Trump hingegen kann mit einer Politik der klaren Unterstützung aufwarten.
4. Ukraine: Harris hält Wladimir Putin für einen Kriegsverbrecher und wird die Ukraine weiter unterstützen, ohne eine Eskalation mit Moskau zu riskieren. Trump hält an der Phrase fest, er werde bei einem Sieg den Krieg in einem Tag beenden – aber die Details offen gelassen. Abstriche der US-Hilfen für Kiew sind durchaus möglich.
5. Das westliche Bündnis und das transatlantische Verhältnis: Keine Frage: In Brüssel und Berlin würde man einen Sieg von Harris bevorzugen. Trump bleibt unberechenbar – wie seine frühere starke Kritik an der NATO und an den Bündnis-Leistungen Deutschlands sowie die Sympathien für Putin als „starken Mann“ deutlich gemacht haben. Der Republikaner weist immer wieder darauf hin, dass die Welt während seiner Regierungszeit sicherer gewesen sei und es Kriege in der Ukraine und Nahost nicht gegeben habe. Sein Grundprinzip laute, so der Kandidat: Frieden durch Stärke der Weltmacht USA.
FRIEDEMANN DIEDERICHS