Die neue Oppositionsführerin Kemi Badenoch wird von ihrem Ehemann Hamish beglückwünscht. © Stefan Rousseau/dpa
London – Ruck nach rechts bei den britischen Konservativen: Die frühere Wirtschafts- und Handelsministerin Kemi Badenoch ist zur neuen Tory-Vorsitzenden gewählt worden. Die 44-Jährige habe bei der entscheidenden Stichwahl 57 Prozent der Stimmen erhalten, gab die Partei bekannt. Badenoch rief zu einem „Neuanfang“ auf und kritisierte, dass die Tories zuletzt ihre „Prinzipien vernachlässigt“ hätten.
Badenoch gewann die parteiinterne Wahl gegen Ex-Migrationsminister Robert Jenrick, der wie sie zum rechten Flügel der Partei gehört. Zur Vorsitzenden gewählt zu werden sei eine „große Ehre“, erklärte die 44-Jährige. Die Partei stehe vor großen Herausforderungen, sagte sie anschließend. „Wir müssen ehrlich damit umgehen, dass wir Fehler gemacht“ und „Prinzipien vernachlässigt“ haben, führte sie aus.
Premier Keir Starmer von der regierenden Labour-Partei gratulierte der neuen Oppositionschefin. Dass eine im Parlament vertretene Partei erstmals von einer Schwarzen geführt werde, „ist ein stolzer Moment für unser Land“.
Ex-Premier Rishi Sunak, dessen Nachfolge Badenoch bei den Tories antritt, schrieb, seine ehemalige Ministerin werde eine „fantastische Parteichefin“ sein. Sunak hatte nach der historischen Wahlniederlage der Partei im Juli seinen Rücktritt angekündigt. Badenoch macht seitdem keinen Hehl daraus, wie sie die angeschlagene Partei, die seit dem Brexit-Referendum 2016 von fünf unterschiedlichen Vorsitzenden geführt und von zahlreichen Skandalen erschüttert wurde, wieder auf Kurs bringen will: mit einer stramm konservativen Politik.
„Ich werde immer gegen linken Quatsch kämpfen“, sagte sie vor ein paar Wochen vor Parteimitgliedern. Als Oppositionschefin wird sie sich wöchentlich im Parlament mit Starmer messen müssen. Ihre Partei hatte im Juli das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt und kommt derzeit auf 121 von 412 Abgeordneten. Ob es der Brexit-Befürworterin Badenoch gelingt, verloren gegangene Wähler von der einwanderungsfeindlichen Partei Reform UK zurückzugewinnen, wird sich zeigen.
Die ehemalige Gleichstellungsministerin hatte den Tories in der Vergangenheit vorgeworfen, sich zu weit von konservativen Werten entfernt zu haben und in der Gesellschaftspolitik, zum Beispiel bei Fragen der Geschlechtsidentität, zu liberale Positionen eingenommen zu haben.
Die Tochter nigerianischer Eltern, die ihre Kindheit größtenteils in Lagos verbrachte, verfolgt zudem einen harten Kurs bei der Einwanderung. In Bezug auf die Frage, wer das Recht bekommen sollte, in Großbritannien leben zu dürfen, sagte sie, „nicht alle Kulturen sind gleichwertig“.