Volker Wissing will sein ganz persönliches Dienstwagenprivileg also noch ein paar Monate länger in Anspruch nehmen. Der Verkehrsminister, einst Vertrauter von Christian Lindner, bricht mit seiner Partei und bleibt im Amt, während ihm seine Staatssekretäre die Gefolgschaft kündigen und das Haus verlassen. Der auch zwischenmenschlich bemerkenswerte Vorgang passt in die unglückliche Amtszeit Wissings, den man von außen als Einzelgänger wahrnahm.
Der ehemalige Generalsekretär war einer der Architekten der Ampel. Auf dem historisch gewordenen Selfie der ersten Stunde posierte er neben Baerbock, Habeck und Lindner. Die drei anderen wurden zu Schlüsselfiguren dieser schwierigen Koalition. Wissing blieb still. Das muss keineswegs schlecht sein, aber dann hätte er wenigstens inhaltlich liefern müssen. Doch in Erinnerung bleiben wird von ihm vor allem sein Widerstand gegen das Deutschlandticket (eine der Errungenschaften der Ampel) und seine Tatenlosigkeit beim Bahn-Chaos. Auf dem zweiten Themenfeld seines Hauses, der Digitalisierung, die sich die FDP ja auf die Fahnen geschrieben hatte, blieb er blass. Ein großer Schub? Bahnbrechende Beiträge zu großen Fragen, wie Einsatz und Grenzen der Künstlichen Intelligenz? Fehlanzeige. Wissing spielte in der Stark-Watzinger-Liga.
Klar: Der FDP-Mann hatte ein undankbares Haus übernommen, die Infrastruktur ist in der Ära Merkel und von Generation an CSU-Ministern heruntergewirtschaftet worden. Und klar ist auch: Das zu reparieren, kostet viel Geld. Aber gerade für eine Modernisierungskoalition, als die sich die Ampel anfangs verstand, blieben die Ambitionen von Anfang an dürftig. Jetzt übernimmt er auch noch das Justizressort. Ein schlechter Witz.
MIKE.SCHIER@OVB.NET