KOMMENTAR

Zombie-Regierung ist eine Zumutung

von Redaktion

Rot-Grün will weitermachen

Am Ende einer verpatzten Kanzlerschaft glänzt Olaf Scholz wenigstens mit einer starken schauspielerischen Leistung. Seine vermeintlich spontane Wutrede gegen FDP-Chef Lindner vom Mittwochabend, sorgfältig einstudiert und abgelesen von zwei Telepromptern, wird noch für Generationen von Politik-Seminaristen Lehrstoff in Sachen politische Kommunikation bieten. Scholz malt von sich das Bild eines tüchtigen Regierungschefs, dem in weltpolitisch prekärer Lage der eigene Finanzminister den Dolch in den Rücken stieß, und der trotz dieser schlimmen Erfahrung aber bereit ist, sich weiter in die Pflicht fürs Land nehmen zu lassen. Aus des Kanzlers Poesiebuch frei übersetzt heißt das: Er und seine SPD wollen sich noch mindestens ein halbes Jahr an Macht und Ämter klammern. Selbiges gilt für die Grünen und ihren Schmerzensmann Robert Habeck. Sie ahnen: So schnell werden die Wählerinnen und Wähler ihnen nach den Erfahrungen der vergangenen drei Jahre nicht wieder die Regierungsgeschäfte anvertrauen.

Eine Regierung, abgehalftert und in Parlament und Bevölkerung ohne Mehrheit, wurstelt weiter in der Hoffnung, dass das Urteil der zornigen Wähler in einem halben Jahr gnädiger ausfallen möge: Dieser Plan ist eine Zumutung und das glatte Gegenteil der von Scholz theatralisch behaupteten Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme. Was das Land nun braucht, sind ein rascher Neustart und große Reformen, um die Wirtschaft wieder ins Laufen zu bringen – und keine Zombie-Regierung und Minister, die auf Dienstwägen und Versorgungsansprüche nicht verzichten wollen. Das Grundgesetz gibt dem Kanzler, als Lehre aus den traumatischen Erfahrung der Weimarer Republik, eine starke Stellung. Die Ampel mag sich als historischer Irrtum erwiesen haben; aber wenn der Kanzler nicht weichen und die Vertrauensfrage stellen will, kann die Opposition ihn dazu auch nicht zwingen. Das gilt jedenfalls solange, wie die Union die Brandmauer zur AfD nicht einreißt und Merz sich mit den Stimmen der FDP und der Rechtsradikalen nicht selbst zum Kanzler wählen lässt. Das wäre, so lange sich die AfD so unberechenbar gebärdet und sich für Putins hybriden Krieg gegen Deutschland einspannen lässt, ein halsbrecherisches Unterfangen. Doch wären CDU und CSU schön dumm, wenn sie es umgekehrt einer rot-grünen Minderheitsregierung nun auch noch bis zum von Scholz angebotenen Neuwahltermin im März kommod machen würden.

Bedroht von Putin, geschurigelt von Trump, unter Druck durch eine Ökonomie, die sich nach Darstellung der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft inzwischen „im freien Fall“ befindet: Für das in der Welt herumgestoßene Deutschland zählt nun jeder Tag. Doch das Zeitspiel der SPD und auch ihr neuer, von Saskia Esken, Rolf Mützenich und Matthias Miersch vertretener Linkskurs stimmen wenig hoffnungsvoll, dass eine künftige Große Koalition die Politikwende schafft, die Europas wichtigstes Land so dringend braucht. Andere politische Mehrheiten sind aktuell leider nicht in Sicht. Doch sollten die bürgerlichen Parteien nicht aufhören, an ihnen zu arbeiten. CDU und CSU müssen schnell ihre Fehde gegen die FDP beenden. Die Liberalen haben mit Lindners Wirtschaftswendepapier nach dem gescheiterten Ampel-Experiment Mut und Charakter bewiesen – und auch den Willen, im Kampf um das eigene Überleben nicht die Flinte ins Korn zu werfen. Die FDP wird in Deutschland noch gebraucht. Vielleicht eines Tages auch wieder von der Union.
GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET

Artikel 2 von 11