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Es braucht einen neuen Anlauf

von Redaktion

Rentenreform droht zu platzen

Die gute Nachricht zuerst: Die Renten werden nach derzeitiger Voraussicht auch 2025 merklich steigen – es wäre seit Corona das vierte kräftige Plus in Folge. Wermutstropfen: Die Beiträge könnten schon 2027 von 18,6 auf 18,9 Prozent hoch gehen – früher als bisher angenommen. Ohnehin ist das nur ein Vorgeschmack. Bis 2035 soll die Belastung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber weiter wachsen. Mit dem Reformpaket der Ampel, die das Rentenniveau festzurren wollte, sogar auf über 22 Prozent. Doch da das Gesetz noch nicht verabschiedet ist, steht auch das nach dem Ampel-Aus wieder auf der Kippe.

Tatsächlich dürfte es ohne die FDP eng werden für die von der SPD vorangetriebenen Pläne – und somit auch mit der geplanten Haltelinie für Rentner. Schon als man noch eine gemeinsame Koalition bildete, gab es bei den Liberalen enorme Vorbehalte. Dass die FDP jetzt noch zustimmt, ist schwer vorstellbar – selbst wenn mit dem zögerlichen Versuch einer Mini-Aktienrente auch ihr eigenes Projekt auf dem Spiel steht. Auch die Union dürfte kaum zu überzeugen sein. Allenfalls ein Tauschgeschäft im Gegenzug für einen früheren Wahltermin scheint aktuell noch denkbar.

Kommt es nicht dazu, bleibt der SPD zumindest reichlich Munition für einen Rentenwahlkampf bis zur Neuwahl, in dem sie wahlweise FDP oder Union als Rentner-Feinde brandmarken kann. Schon jetzt unterstellt die Parteichefin der SPD, Saskia Esken, dem ehemaligen FDP-Finanzminister Christian Lindner im Fernsehen, er habe „die Altersrente kürzen“ wollen, obwohl das in Deutschland sogar gesetzlich ausgeschlossen ist. Auch Olaf Scholz hat zuletzt gezeigt, wie gnadenlos er hier zur Zuspitzung bereit ist. Ökonomen und anderen, die selbst nicht auf 45 Renten-Beitragsjahre kommen würden, sprach er quasi die Berechtigung ab, über Sinn und Unsinn der Rente mit 63 zu urteilen. Eine Logik, nach der über Militäreinsätze nur Soldaten oder über Familienpolitik nur Eltern befinden dürften. Für den nun ohnehin limitierten Noch-Kanzler würden die Spielräume damit noch einmal kleiner.

Spaß beiseite: Die Rente braucht dringend eine Reform, aber um diese wäre es nicht schade, weil sie die drängendsten (und unangenehmen) Fragen offen lässt. Wie lässt sich das Auskommen auch künftiger Rentner absichern, ohne die Beitragslast (zur Rente kommen noch steigende Abgaben für Kranken- und Pflegeversicherung) erdrückend werden zu lassen? Wie geht es weiter, wenn 2031 die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre abgeschlossen ist? Nötig ist ein neuer Anlauf unter neuer Regierung.
SEBASTIAN.HORSCH@OVB.NET

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