Na also, geht doch. Am 23. Februar werden die Deutschen an die Wahlurnen gerufen, also einen Monat früher, als es der Kanzler zunächst vorgeschlagen hatte. Das ist ein guter Kompromiss, der einerseits der Notwendigkeit nach einem möglichst schnellen Neustart Rechnung trägt und den Parteien andererseits genug Zeit lässt, ihre Kandidaten zu bestimmen und den Wahlkampf vorzubereiten. Sogar die besorgte Bundeswahlleiterin glaubt nun ausreichend Zeit zu haben, den deutschen und befreundeten ausländischen Markt nach Papiervorräten für die Stimmzettel abzugrasen. Polen hat schon Hilfe angeboten.
Der Wahlkampf verspricht hart und heftig zu werden, nach dem Rosenkrieg in der zerbrochenen Ampel vielleicht sogar schmutzig. Den Ton hat der Kanzler mit seiner wütenden Abrechnung mit FDP-Chef Lindner gesetzt. Ob er allerdings auch der Kandidat sein wird, mit dem die SPD in die Wahlschlacht zieht, ist noch nicht ganz ausgemacht. In der um ihren Rang (und viele Abgeordnetenmandate) bangenden Sozialdemokratie rumort es vernehmlich. Bis zur Kür des SPD-Kandidaten im Januar kann noch viel passieren, wenn sich die Umfragewerte von Olaf Scholz bis dahin nicht entscheidend bessern. Die Hängepartie um den Neuwahltermin hat das Ansehen des Kanzlers jedenfalls nicht verbessert. Dessen Chance liegt darin, dass Rivale Boris Pistorius zwar beliebter ist, als Verteidigungsminister aber auch viele Gegner in der friedensbewegten Mützenich-Miersch-SPD hat. Union und FDP wollen die Themen Wirtschaft und Migration ins Zentrum der Auseinandersetzung rücken, die SPD dagegen setzt, darauf deuten jüngste Äußerungen aus der Parteispitze hin, ganz auf einen Rentenwahlkampf. Manche Genossen bezweifeln, ob Pistorius dafür der richtige Kandidat wäre.
An Motivation mangelt es den Parteien jedenfalls nicht: Der Ampel-Kollaps hat Grüne, FDP und SPD aus dem verhassten Koalitionsgefängnis befreit und ihre lange frustrierten Anhänger elektrisiert. 5500 Parteieintritte melden die Grünen, 1500 die Liberalen. Neue Umfragen messen die totgeglaubte FDP wieder bei fünf Prozent, während die AfD anscheinend von Trumps Wahlsieg in den USA profitieren kann. Der designierte Unionskanzler Friedrich Merz ist gewarnt. Eine „gmahde Wiesn“ ist der nun anrollende Winterwahlkampf für ihn nicht.
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