Meloni kommt mit Albanien-Plan nicht voran

von Redaktion

Rom will tausende Asylanträge außerhalb der EU entscheiden lassen – Aktuelle Bilanz: null

Stehen leer: die von Italien gebauten Lager in Albanien dürfen nicht mit Asylbewerbern belegt werden. © Adnan Beci/AFP

Rom/Brindisi – Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni droht bei ihren großen Plänen für Abschiebungen von Mittelmeer-Flüchtlingen außerhalb der EU das Aus. Auf Beschluss eines Gerichts in Rom musste Italien abermals Migranten aus einem eigens gebauten Lager in Albanien aufnehmen. Sieben Männer aus Bangladesch und Ägypten, die bei der Flucht nach Europa gestoppt worden waren, wurden mit einem Schiff der Küstenwache über die Adria in die Hafenstadt Brindisi gebracht. Zuvor hatte die Justiz entschieden, dass eine Internierung der Migranten außerhalb Italiens nicht rechtens sei.

Für die Pläne der rechten Koalition in Rom bedeutet dies eine neue schwere Niederlage. Meloni war vor zwei Jahren mit dem Versprechen an die Macht gekommen, die irreguläre Migration übers Mittelmeer massiv einzudämmen. Für die Vorsitzende der Partei Fratelli d’Italia wiegt der Rückschlag sogar noch schwerer als ein erstes Urteil aus dem vergangenen Monat. Damals durften bereits 16 Männer aus dem Lager in Albanien weiter nach Italien. Die Richter setzten sich nun auch über einen neuen Erlass hinweg, mit dem die Regierung versucht hatte, ihr Vorhaben zu retten.

Bis aufs Personal stehen die zwei neuen Lager im Nicht-EU-Land auf der anderen Seite der Adria nun wieder völlig leer. Unklar ist, ob die teuren Einrichtungen – geschätzte Betriebskosten bis 2029: mehr als 500 Millionen Euro – überhaupt geöffnet bleiben. In anderen europäischen Hauptstädten wird das alles aufmerksam verfolgt: Auch andere Regierungen erwägen, Asylverfahren in Länder außerhalb der EU zu verlagern. Großbritannien war unter der früheren konservativen Regierung bereits mit der Idee gescheitert, nach Ruanda auszuweichen. Nun könnte es in Italien ähnlich ausgehen.

Die Entscheidung liegt jetzt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Zuvor wird vermutlich Anfang Dezember Italiens oberstes Gericht ein Urteil fällen. Im Kern geht es darum, welche Staaten in Asylverfahren als sichere Herkunftsländer eingestuft werden – und wer darüber entscheidet. Gilt nationales Recht oder europäisches Recht? Meloni vertritt die Auffassung, dass die Festlegung von Listen sicherer Herkunftsländer hoheitliche Aufgabe ihrer Regierung sei – nicht der Justiz. Die italienischen Gerichte verweisen bislang auf ein anderslautendes Urteil des EuGH.

Aus der Auseinandersetzung hat sich ein heftiger Streit zwischen Regierung und Justiz entwickelt. Aus der rechten Dreier-Koalition wird die Justiz – einst wegen ihres Kampfes gegen die Mafia in Italien hoch angesehen – als Handlanger der linken Opposition beschimpft.
CHRISTOPH SATOR

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