Zwischen politischer PR und Zynismus liegen manchmal nur Nuancen. „Wir haben eine Richtungsentscheidung für Familien getroffen“, jubelte Bayerns Ministerin Ulrike Scharf (CSU) – kurz nachdem das Kabinett beschlossen hatte, die Geldleistungen für Familien mehr als zu halbieren. Bei seiner so offensichtlich heiklen Entscheidung kann man über so wenig Fingerspitzengefühl nur staunen.
Dabei gäbe es gute Argumente, man muss sie den Menschen aber vernünftig erklären. Tatsächlich waren die freiwilligen Leistungen, mit denen sich die Staatsregierung gerne rühmte, schon immer zweifelhaft. Im Wahlkampf 2018 hatten sich Markus Söder und Hubert Aiwanger einen Überbietungswettbewerb an Versprechungen geliefert – und dann in der Koalition einfach alle umgesetzt. Das war politisch am einfachsten und kam gut an (wer wehrt sich schon gegen Zahlungen?), man gab aber das 2012 von Horst Seehofer ausgegebene Ziel auf, bis 2030 alle Schulden des Freistaats zu tilgen. Hätte man daran festgehalten, stünde Bayern heute besser da.
Um Familien zu stärken, wäre es sinnvoller gewesen, das Geld schon damals in die Infrastruktur zu stecken. Aber die CSU brauchte lange, um ihr Idealbild zu öffnen: die Mutter, die sich daheim ums Kind kümmert. In Oberbayern ist das für immer weniger noch finanzierbar. In München sind Familien schon froh, wenn sie sich eine Drei-Zimmer-Wohung leisten können – mit einem Einkommen klappt das fast nie. Nicht zu vergessen: Gute Betreuung hilft auch den vielen Kindern von Migranten bei der sprachlichen Früherziehung. Nicht unähnlich ist die Situation in der Pflege. Natürlich freuen sich alle über 1000 Euro im Jahr. Noch besser aber wären (ambulante) Hilfsangebote, die Angehörige entlasten.
Doch die Umsteuerung des Geldes ist nur richtig, solange man künftig nicht bei anderen Investitionstöpfen die Mittel kappt.
MIKE.SCHIER@OVB.NET