Was die Ampel da in den letzten Stunden vor ihrem Auseinanderbrechen beschlossen hatte, ist keine Wehrpflicht, sondern bestenfalls ein schlechter Witz. Es wird niemand eingezogen, der keine Lust hat, niemand ausgebildet, niemand gemustert. Die einzige „Pflicht“: einen Fragebogen ausfüllen, bittebitte, aber natürlich auch nur männlich gelesene Personen. Magst Du unser Land verteidigen – Ja, Nein, Vielleicht? Im Ernstfall lassen sich diese Formulare bestimmt prima zu Panzersperren auftürmen. Mehr Sinn haben sie nicht.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte ein sinnvolleres Konzept mit Musterungen vorgeschlagen, seine eigene SPD war aber nur zu diesem Formular-Quatsch bereit. Das ist schlecht, denn die Lage für unser Land hat sich geändert: durch den Krieg in der Ukraine, durch die neue politische Führung bei unserem bisher unverbrüchlichen Sicherheitsgaranten USA, nebenbei auch durch den demografischen Wandel und die großen Lücken in sozialen Einrichtungen, die Sehnsucht nach einem Militär- wie Zivildienst wecken.
Die politische Debatte über die Wehrpflicht war zu lange von Feigheit geprägt. Das begann, als CSU-Minister zu Guttenberg 2011 die Pflicht auflöste und ihre Strukturen zerstörte, weil er zu bräsig war, für Wehrgerechtigkeit zu sorgen. Keiner vor und nach ihm hat der Bundeswehr schwerer geschadet als der große Welterklärer, der leider die globale Sicherheitslage falsch einschätzte. Nun bräuchte es Mumm, um eine neue, modernere Pflicht aufzusetzen, auch wenn sie in weiten Teilen der jungen Generation unpopulär wäre.
Bisher spricht das allenfalls die Union klar aus, vor der Wahl jedenfalls. Friedrich Merz geht damit das Risiko ein anzuecken. Und was in einer Koalition mit SPD, Grünen oder FDP davon übrig bliebe, ist ungewiss; zumal die in der Geschlechtergerechtigkeit zurückgebliebene Verfassung geändert werden müsste. Doch im Kern hat er Recht: Es braucht eine Dienstpflicht für junge Männer und Frauen, Monate für die Allgemeinheit, Ausmusterung nur in extremen Einzelfällen. Das kann beim Militär sein und dazu führen, dass die Bundeswehr mehr Nachwuchs findet und wieder besser in der Gesellschaft verankert wird – dass sie auch dann akzeptiert wird, wenn Soldaten gerade keinen Sandsack schleppen. Absolut gleichwertig wären soziale und ökologische Dienste.
Für Spott über Schlammrobben und Krötentragen war früher mal Zeit; heute braucht es Einsatz und kluge Ideen, wie wir mit einem Dienst unsere Sicherheit und unser soziales Netz stärken können.
CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET