„Team Robert“ führt Grüne in den Wahlkampf

von Redaktion

Aufbruchstimmung – Heizungsgesetz schwebt „wie ein Damoklesschwert“ über der Partei

Diesmal steht er vorne: Robert Habeck beklatscht von Annalena Baerbock. © dpa

Wiesbaden – Jetzt ist es auch offiziell: Robert Habeck führt die Grünen in den Bundestagswahlkampf. Ein entsprechender Antrag erhielt beim Bundesparteitag in Wiesbaden 96,48 Prozent der Delegierten-Stimmen. „Wir nehmen die Wahl an!“, rief Habeck, der im Duo mit Außenministerin Annalena Baerbock kämpft. Im Antrag wird Habeck als „Kandidat für die Menschen in Deutschland“ bezeichnet, der „das Zeug zu einem guten Bundeskanzler“ habe. Führende Grüne bezeichnen Habeck aber als Kanzlerkandidaten. Gegen Habeck stimmten 20 Delegierte. Sieben Delegierte enthielten sich.

Vor seiner Nominierung bat Habeck die Delegierten um ihre Unterstützung. Er werbe um das Vertrauen, diese Partei und die Verantwortung weiter tragen zu dürfen, sagte er beim Parteitag. „Und wenn es uns ganz weit trägt, dann auch ins Kanzleramt“, fügt er hinzu. Ausdrücklich dankte er Baerbock, mit der er sich einst den Parteivorsitz geteilt hatte. An ihre Adresse sagte er: „Es ist ein großes Privileg, dich vor mir, neben mir und hinter mir zu wissen.“ Zuvor hatte Baerbock Habeck als „superpragmatisch“ gewürdigt. „Ich will genau das: Dich als Kanzler!“

In seiner rund einstündigen Bewerbungsrede zog der 55-jährige Vizekanzler eine Bilanz seiner Regierungszeit. Das Gebäudeenergiegesetz, das seiner Beliebtheit eine tiefe Delle verpasste, schwebe „wie ein Damoklesschwert“ über dem Wahlkampf, gab er zu – betonte aber zugleich seine Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen.

Die Kandidatur an der Spitze sei für ihn kein Selbstläufer gewesen. Am Ende habe er sich dann aber nach Gesprächen mit Parteifreunden in diesem Sommer entschieden, „jetzt nicht zu kneifen“. Zu Medienberichten, wonach er die Partei nach seinen Vorstellungen umgestalten wollte, sagte Habeck: „Ich hasse das wie die Pest. Wenn ihr glaubt, dass ich so wäre, dann wählt mich bitte nicht bei der Wahl!“

Habeck argumentierte an gegen die Wahrnehmung seiner Partei als oberlehrerhaft. Er wolle kein Besserwisser sein, der anderen sage, was sie zu denken hätten, sagt er. Zugleich warnte er vor einer Neuauflage der sogenannten Großen Koalition. „Sie ist der Grund für die Liebesaffäre mit dem Status quo, sie ist der Grund für den Stillstand.“ Die Koalition von Union und SPD habe Deutschland einst in eine Energie-Abhängigkeit von Russland geführt und lange nicht gesehen oder nicht sehen wollen, was sich in den Jahren vor dem Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 angebahnt habe.

Habeck versprach günstige Strompreise und kündigte für den Fall einer erneuten Regierungsbeteiligung der Grünen die Aufnahme von Krediten für dringende Infrastrukturprojekte an. „Ich bin kein großer Fan davon, Schulden zu machen – ich will nur, dass der Job gemacht wird.“ Die mehr als 800 Delegierten quittierten seine einstündige Rede mit lautem Applaus, vor allem als er über eine stärkere Besteuerung von „Superreichen“ und die Schließung von Steuerschlupflöchern sprach.
MATINA HERZOG

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