So also sieht das regierungsamtlich verordnete „grüne Wirtschaftswunder“ in Deutschland aus: Nach VW, Bosch, Ford, Schaeffler und anderen Industriegrößen streicht nun auch ThyssenKrupp viele tausend Stellen. Die Schocknachrichten kommen der Rest-Ampel mitten im Wahlkampf höchst ungelegen. Doch wäre es billig, die Verantwortung für den Absturz nur ihr in die Schuhe zu schieben. An teurer Energie, verrottender Infrastruktur, überbordender Bürokratie, hohen Abgaben und Arbeitskosten haben Generationen von Politikern (und Tarifpartnern) mitgewirkt, sogar die unfehlbare Angela, auch wenn die sich in ihrem neuen Buch als immun gegen jede Form von Selbstkritik erweist. Doch kommt Merkels mangelnde Bereitschaft zur Selbstreflexion so wenig überraschend wie der Versuch des grünen Wirtschaftsministers, den Schwarzen Peter für die Not der Unternehmen jetzt der Union zuzuschieben. Die sei mit schuld, wenn es mit der Industrie abwärts gehe, weil sie im Bundestag nicht die Hand reichen wolle zu Strompreishilfen, sagt Robert Habeck mit der traurigen Betroffenheitsmiene, die keiner so gut beherrscht wie er.
Das ist ein gewagtes Wahlkampf-Manöver des grünen Kanzlerkandidaten. Der hatte immerhin drei Jahre lang Zeit, die Bedingungen für die Betriebe zu verbessern. Doch fand ein Wirtschaftspapier des Finanzministers, in dem viel Richtiges stand, nicht die Zustimmung des zuständigen Ministers, geschweige denn des Kanzlers. Der warf Lindner stattdessen in hohem Bogen aus der Regierung, als dieser auf Entlastungen der Unternehmen beharrte und überdies das von SPD und Grünen mit Zähnen und Klauen verteidigte Bürgergeld mitverantwortlich machte für die Zerstörung von Arbeitsanreizen.
Jetzt ist guter Rat teuer, zumal auch Donald Trump Ernst macht mit seinen Zöllen. Wirtschaftswunderland ist abgebrannt, und von grünen Mirakeln träumt nicht mal mehr der Kanzler. Schnellschüsse à la Habecks Stromzuschuss werden den Standort nicht retten. Auch neue Schulden, die rot-grüne Wunderwaffe schlechthin, können es allein nicht richten. Generell fallen Wunder selten vom Himmel. Dazu braucht es harte Reformarbeit, eine Agenda 2030, die den ausufernden Sozialhilfestaat zurückschneidet, die Abgaben- und Bürokratielast senkt und dem Land mit einer angebotsorientierten Politik neue Handlungsspielräume verschafft, um sicherheits- und wirtschaftspolitisch die Zeitenwende zu meistern. Und es braucht einen Oppositionsführer, der sich seinen Mut im Wahlkampf nicht abhandeln lässt. Oder täuscht der Eindruck, dass Friedrich Merz im Bemühen, die Bühne ganz der streitenden SPD zu überlassen, zuletzt auf recht leisen Pfoten unterwegs war?
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