Wenig Spielraum: Keith Kellogg steht vor der denkbar schweren Aufgabe, Moskau und Kiew an einen Tisch zu bringen. Zuletzt tobten die Kämpfe mit besonderer Härte. © Andrew Harnik/dpa
München – Wenn es darum geht, komplexe Themen in schlichte Formeln zu packen, kann Keith Kellogg es fast mit seinem neuen Chef aufnehmen. Im Frühjahr 2022, kurz nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine, skizzierte der frühere US-General seine Vorstellungen zur Lösung des Konflikts. Man müsse Wladimir Putin eine „weiche Landung“, einen gesichtswahrenden Ausstieg bieten. Wäre er, Kellogg, Präsident, würde er seine Berater mit „kalter Pizza und warmem Bier“ in einen Raum sperren, bis sie einen Exit-Plan hätten.
Seinen Worten kann er nun bald Taten folgen lassen. Am Mittwoch hat Donald Trump den 80-Jährigen als Sondergesandten für die Ukraine nominiert. Der Veteran hat schon im Vietnamkrieg und später im zweiten Golfkrieg gekämpft, im Weißen Haus diente er Trump-Vize Mike Pence als Sicherheitsberater und füllte 2017 eine Woche lang kommissarisch das Amt des Nationalen Sicherheitsberaters aus. „Von Anfang an“ sei der frühere Generalleutnant an seiner Seite gewesen, erinnerte Trump. Kellogg werde „Frieden durch Stärke“ sicherstellen.
Auch das ist zunächst nur eine Parole, klingt aber schon anders als die Wahlkampf-Ankündigung Trumps, den Ukraine-Krieg binnen 24 Stunden beenden zu wollen. Die hatte Befürchtungen geweckt, dass die USA ihre Unterstützung entziehen könnten, falls Kiew nicht einem Frieden um jeden Preis zustimme. Auch deshalb steht Kellogg vor einer denkbar schweren Aufgabe. Er muss möglichst schnell Ergebnisse liefern, weil Trump monatelang Stimmung gegen die Milliardenhilfen gemacht hat. Aber er muss auch den Eindruck vermeiden, die Ukraine den Russen auszuliefern.
Wie er vorgehen will, ist bekannt. Ende 2023 umriss Kellogg in der Zeitschrift „The National Interest“ erstmals seine Pläne. Moskau könnte an den Verhandlungstisch gebracht werden mit der Drohung, der Ukraine wesentlich mehr und stärkere Waffen zu liefern. Kiew wiederum sollte dadurch verhandlungsbereit gemacht werden, dass sonst Waffenlieferungen beschränkt werden könnten. Ziel sei „ein Waffenstillstand entlang der gegenwärtigen Front“ und der Erhalt einer „souveränen, demokratischen Ukraine“. Damals brachte Kellogg Sicherheitsgarantien ins Gespräch, einschließlich einer Mitgliedschaft in Nato und EU. Ein paar Monate später klang das anders. Gemeinsam mit Co-Autor Fred Fleitz, in der ersten Trump-Regierung sicherheitspolitischer Berater, entwarf er für den Thinktank „America First Policy Institute“ im April einen Friedensplan, in dem ein Nato-Beitritt kein Thema mehr war, eine Aufhebung der Russland-Sanktionen hingegen schon. Das solle Putin einen Anreiz zu Verhandlungen liefern. Trump, sagte Fleitz später, habe die Ideen „positiv“ aufgenommen.
Kelloggs Vorschlag hätte zur Folge, dass die Ukraine die von Moskaus Truppen besetzten Regionen nicht zurückerhalten würde, auch wenn in seinem Papier der Hinweis steht, dass die Gebiete nicht Russland zugeschlagen würden. Aktuell toben die Kämpfe in der Ostukraine, aber auch im russischen Grenzgebiet mit besonderer Härte. Zuletzt setzten die Russen erstmals eine neue Mittelstreckenrakete ein, die auch atomar bestückt werden kann. Kiew wiederum erhielt aus Washington, London und Paris die Freigabe, mit westlichen Waffen auch Ziele jenseits der Grenze anzugreifen.
Positiv zu der Personalie äußerte sich Ben Hodges, der frühere Oberkommandierende der US-Streitkräfte in Europa und ausgewiesene Trump-Kritiker. Seine Erfahrung und die Einsicht, dass es um die Souveränität der Ukraine gehe, sprächen für Kellogg. „Aber er ist nur der Gesandte. Der Schlüssel wird Trumps Politik sein.“