Brüssel – Der scheidende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat mit drastischen Worten die Entwicklungen in Israel kritisiert. „Die israelische Gesellschaft wird heute leider von innen heraus von Extremisten und gewalttätigen Menschen kolonisiert“, sagte der Spanier bei einer internationalen Konferenz für eine Zweistaatenlösung im Nahost-Konflikt in Brüssel. Die „Kolonisierung des Denkens der Menschen“ sei aus seiner Sicht die größte Gefahr, der die israelische Gesellschaft gegenüberstehe. Sie untergrabe die Grundpfeiler ihrer Demokratie.
Als Beleg für die aus seiner Sicht problematische Entwicklung nannte Borrell den internationalen Haftbefehl gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dessen früheren Verteidigungsminister Joav Galant, der wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gaza-Krieg erlassen wurde. „Nach dem, was in Gaza und im Westjordanland passiert ist, gibt es ein anderes Israel“, sagte Borrell in Anspielung auf die jüngsten Entwicklungen.
Den Nahost-Konflikt bezeichnete Borrell als „Krebsgeschwür“, das metastasieren und die internationalen Beziehungen sowie auch die europäischen Gesellschaften von innen heraus beeinträchtigen werde, wenn es keinen Frieden gebe. Borrell hatte zuvor gefordert, den regelmäßigen politischen Dialog mit Israel auszusetzen. Mehrere EU-Staaten wollten dem Vorschlag aber nicht zustimmen. Der Spanier weicht nach einer fünfjährigen Amtszeit der früheren estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas.