An diesem Sonntag beginnt das neue Kirchenjahr und mit dem 1. Advent der Weihnachtsfestkreis. „Adventus“ bedeutet die Ankunft einer Person, einstmals des Kaisers, und für uns eben die Vorbereitungszeit auf den Tag der Geburt Christi am 25. Dezember.
Der erste Adventsfeiertag fällt immer auf den vierten Sonntag vor diesem ersten Weihnachtsfeiertag. Nach dem Kalender kann der 1. Advent zwischen dem 27. November und dem 3. Dezember liegen. In diesem Jahr fällt er auf den 1. Dezember, so etwa in die Mitte der möglichen Termine.
Zum Advent gehören die schönen Adventslieder, die uns einstimmen sollen auf den Weihnachtsfestkreis, bis dann nach dem 6. Januar wieder der normale Kirchenkalenderalltag seinen Lauf nimmt. „Wir sagen euch an, den lieben Advent…“, so sang bei uns früher der Kirchenchor beruhigend am Morgen des 1. Advent vor unserem Haus. Das Adventslied „O Heiland, reiß die Himmel auf…“ hat dagegen eine ganz andere und tief beunruhigende Dynamik. Dieser 1622 erstmals in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges und des Hexenwahns veröffentlichte Text wird dem Jesuitenpater Friedrich Spee (1591-1635) zugeschrieben. Es ist ein Schrei zu Gott, dem Schrecken der Welt ein Ende zu setzen. Spee bezieht sich dabei auf ein Wort des Propheten Jesajas: „O, dass du die Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen (Jesaja 63, 19). Das Unvergleichliche und kulturgeschichtlich Einmalige aber ist, dass der Verfasser es nicht bei dem Lied beließ. Neun Jahre, nachdem er Gott in Verzweiflung angerufen hatte, erschien anonym seine Schrift „Cautio Criminalis“. Sie ist eine Anklage gegen den Hexenwahn der Zeit.
Von all den gefolterten und unglückseligen angeblichen Hexen, die er auf ihrem letzten Weg zum Richtplatz als Pater begleitet hatte, habe er keine einzige gefunden, die schuldig gewesen sei. Spee konnte den Wahn zunächst nicht ganz stoppen, aber „Spes in Spee – Hoffnung gibt Spee“, so hieß es bald, als am Ende die Vernunft anfing sich durchzusetzen.
In unserer Welt des Jahres 2024 sind wir zwar befreit vom Hexenwahn. Dennoch ist das Adventslied des Friedrich Spee an diesem Weihnachten 2024 genauso aktuell, wie es 1622 gewesen ist. Zu den Kriegen, die es in unserer unmittelbaren Nähe nun wieder gibt, kommt die Drohung mit dem Atom, das alles menschliche Leben vernichten könnte. In vielen Ländern stehen plötzlich wieder autokratische Herrscher an der Spitze, denen es nichts auszumachen scheint, wieviel Blutbäder sie anrichten.
Mögen die Kriege und Umwälzungen unserer Zeit, die Ströme von Menschen auf der Flucht, nicht zu noch mehr Chaos für die Menschheit führen. In Deutschland brauchen wir beherzte Kurskorrekturen, um den militärisch wie wirtschaftlich drohenden Gefahren zu entkommen. Weihnachten aber bleibt auch in diesem Jahr die Gewissheit, dass die Welt nie ganz verloren sein wird.
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