Wladimir Putin hat um Verzeihung gebeten. Nicht die Ukraine, die er seit 2022 mit Tod und Zerstörung überzieht, sondern Angela Merkel. Er habe 2007 nicht gewusst, dass sie Angst vor Hunden hat, als er der damaligen Kanzlerin bei einem Treffen seinen schwarzen Labrador um die Füße schwänzeln ließ. „Angela, entschuldige, ich wollte Dir keinen Kummer bereiten“, lässt sich Russlands Präsident zitieren. Die Wahrheit ist natürlich genau das Gegenteil.
Kummer bereiten, Sorgen einpflanzen, Ängste schüren – so arbeitet der ehemalige KGB-Mann bis heute. In Russland werden Demonstranten verhaftet, damit andere sich gar nicht erst auf die Straße trauen. Unliebsame fallen aus Fenstern, damit weitere es gar nicht erst wagen, sich gegen ihn zu stellen. Er lässt die Angst in die Köpfe kriechen – mit Erfolg. Blickt man schließlich auf die möglichen Konsequenzen für Einzelne, wirkt die immer wieder aufkeimende westliche Hoffnung auf eine erstarkende russische Protestbewegung gegen den eigenen Machthaber fast schon absurd naiv.
Auch westliche Gesellschaften wie unsere will Putin mit dieser Taktik kleinkriegen. Die Drohungen mit Atomwaffen sind da noch beinahe plump. Raffinierter ist das Konzept der hybriden Attacken. Mysteriöse Drohnen über Bundeswehr-Einrichtungen, Computersysteme werden attackiert, Transportflieger stürzen ab. Natürlich sind die Sorgen vor russischer Einflussnahme oder gar Sabotage berechtigt. Doch selbst wenn Russland nichts damit zu tun hat, steht oft schnell der Verdacht im Raum, dass es doch die dunkle Macht aus dem Kreml gewesen sein könnte. Verhindern lässt sich das kaum in freien Gesellschaften, in denen Medien (zum Glück) fast uneingeschränkt berichten dürfen. Doch täte ab und zu ein bisschen mehr Gelassenheit gut. Nicht jeder ausgefallene Zug ist Putins Werk – auch wenn er gerne hätte, dass wir das glauben.
SEBASTIAN.HORSCH@OVB.NET