Es war ein längst vergessener Krieg. Nach acht Jahren stoßen in Aleppo wieder Rebellen mit Regierungstruppen zusammen – schon damals war die Stadt das wichtigste Schlachtfeld im Bürgerkrieg, von beiden Seiten jahrelang brutal umkämpft. Nun hat Assad innerhalb von nur wenigen Tagen die Kontrolle über die Stadt verloren. Fast niemand hat die Offensive kommen sehen. Doch das Absurde ist: Der Konflikt in Syrien war nie vorbei – es wurde nur wenig darüber gesprochen.
Die Kämpfe in Syrien sind vor Monaten wieder aufgeflammt, die Lage in der Zivilbevölkerung blieb nach wie vor dramatisch. Im Schatten der Kriege in Gaza, im Libanon und in der Ukraine haben die Aufständischen nun eine Ortschaft nach der anderen eingestrichen. Sie waren sogar selbst verwundert, auf wie wenig Widerstand sie gestoßen sind. Dabei stand Assad durch seine abgelenkten Verbündeten schon lange völlig blank da: Russland ist durch den Krieg in der Ukraine geschwächt, der Iran durch die Schläge Israels in der Region blamiert.
Syrien ist zum Nebenschauplatz dieser geopolitischen Unruhen geworden. Hier treffen von Erdogan finanzierte Rebellen, von den USA unterstützte Kurden, Assad-treue Hisbollah-Kämpfer und iranische Milizen aufeinander. Zugleich kämpfen in der Ukraine jemenitische Huthi und im Sudan und in Libyen russische Wagner-Söldner. Es sind die Orte, an denen um eine neue Weltordnung gerungen wird. Den Preis zahlen die Zivilisten.
KATHRIN.BRAUN@OVB.NET