Bei VW muss man sich auf einen heißen Winter einstellen: Nachdem die VW-Spitze das Angebot der Arbeitnehmer abgelehnt hat, überbieten sich Gewerkschafter nun geradezu in Drohungen, mit welch harten Bandagen die VW-Mitarbeiter in einen Arbeitskampf ziehen werden. Das ist ihr gutes Recht – dennoch kommt der Arbeitskampf für VW zur absoluten Unzeit.
VW leidet nicht nur unter hohen Produktionskosten, schwierigen Rahmenbedingungen in Deutschland oder unter der allgemeinen Wirtschaftsflaute. Der Konzern kann auch mit seinen Produkten nicht mehr so überzeugen wie früher. Der einstige Marktführer ist weder Premium noch frisch, die Designs sind vor allem bei den E-Autos eher ulkig als cool und die Software anfällig, angestaubt und nutzerfeindlich. Will der Wolfsburger Riese nicht enden wie Nokia oder Kodak, braucht VW eher eine Investitionsoffensive als einen Grabenkampf.
Dafür werden wohl alle Seiten verzichten müssen: Die Mitarbeiter, die ebenso fette Jahre wie der Konzern hinter sich haben. Der Vorstand, der die Axt nicht zu tief in die Strukturen schlagen darf. Und auch die Aktionäre und Besitzer, die für eine bessere Zukunft auf Ausschüttungen im Hier und Jetzt verzichten sollten. Unter den Aktionären ist übrigens auch das Land Niedersachsen, das etwa 20 Prozent der Aktien besitzt. Würde es einen Teil verkaufen, wäre viel Geld da, um gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Und schneller und wendiger würde der dadurch auch werden – was bitter nötig ist.
ANDREAS.HOESS@OVB.NET