Die letzte Befragung: Scholz im Kreuzverhör

von Redaktion

Scholz einsam auf der Regierungsbank. © Schwarz/AFP

Berlin/München – Olaf Scholz steht ganz alleine da. Die blauen Sitze der Regierungsbank sind leer. Die noch übrigen Minister seiner rot-grünen Minderheitsregierung sind noch nicht eingetroffen. Scholz richtet sich seine Krawatte, schaut noch einmal auf seine Notizen. Wie er da so steht und wartet, bis das Kreuzverhör startet, wirkt der Bundeskanzler fast schon verloren.

Es ist die dritte Befragung der noch amtierenden Regierung, und die letzte. Eigentlich kämpft schon jetzt jeder für sich, denn alle Parteien – inklusive Olaf Scholz‘ SPD – befinden sich schon im Wahlkampf. Welchen Weg er dabei einschlagen will, wird schon nach seinem ersten Satz deutlich. „Ich war diese Woche in der Ukraine“, beginnt Scholz seine Erklärung. Zweieinhalb Stunden hat er mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über die aktuelle Lage im Ukraine-Krieg gesprochen.

Und dann erntet er Gelächter, als er sagt: „Ich habe diese Reise bewusst jetzt gewählt.“ Gerade aus der Union wurde Scholz‘ spontane Reise am Montag als Wahlkampfmanöver bezeichnet. „Scholz macht Wahlkampf auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung und bedient zugleich russische Angst-Narrative“, sagte etwa der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter.

Doch davon will Scholz nichts wissen. Er lobt die massiven deutschen Militärhilfen für die Ukraine – 28 Milliarden Euro. Und gleichzeitig fordert er, „einen kühlen Kopf zu bewahren“. Dabei bekräftigt der Kanzler noch einmal sein Nein zur Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern – eine „sehr sehr weitreichende Waffe“. Er spricht von einer „Beteiligung, die ich für Deutschland nicht richtig fände“.

Bei dem Gespräch mit Selenskyj gab es aber auch Vereinbarungen. Demnach will der ukrainische Präsident in Deutschland und Polen eine Behörde schaffen, die „Ukrainer entweder bei der Rückkehr oder bei der Arbeitsaufnahme in Deutschland unterstützt“. Denn: „Zu viele sind gewissermaßen schon so lange hier und müssten jetzt eigentlich mal loslegen“, sagt der Kanzler.

Im Wahlkampf verkneift sich Scholz Seitenhiebe nicht. Als Marcus Faber (FDP), Vorsitzender des Verteidigungsausschusses erzählt, dass er war bereits oft in der Ukraine war und darauf pocht, die Ausbildung von Soldaten am Taurus jetzt zu beginnen, um Scholz‘ Nachfolger alle Optionen offenzuhalten, antwortet der Noch-Kanzler schnippisch: „Für eine Partei, die mit der Fünfprozenthürde zu kämpfen hat, sind sie ganz schön tapfer.“

Auch die Union geht Scholz an, als es um den Zustand der Bundeswehr geht. „Es war die CDU/CSU, Herr Guttenberg, Herr Schäuble und Frau Merkel, die entschieden haben, dass bei der Bundeswehr gespart wird“, ruft er der Fraktion entgegen. „Seitdem wieder ein Sozialdemokrat Verteidigungsminister ist und ein Sozialdemokrat Kanzler, geht’s der Bundeswehr wieder besser.“
LEONIE HUDELMAIER

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