Wäre Heuchelei eine olympische Disziplin, hätte Thomas Bach wohl schon einige Goldmedaillen gewonnen. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees gehört zu den wichtigsten Taktgebern des Weltsports. Und hat in dieser Position die deutschen Olympia-Hoffnungen erst mal weggegrätscht. Der Grund: Da russischen Sportlern die Einreise zu Sportveranstaltungen in Deutschland verweigert worden war, habe die Bundesregierung die politische Neutralität des Sports verletzt. Und solange die Regierung diese Haltung vertritt, „muss man auch nicht weiter über die Austragung der Olympischen Spiele spekulieren“. Es ist schon besonders dreist, dass ausgerechnet Bach das Märchen der politischen Neutralität im Sport aufrechterhalten möchte. Ob man es gut findet oder nicht, sportliche Großveranstaltungen sind immer auch politisch. Bei den Spielen 2022 in Peking ließ China medienwirksam eine Uigurin die Fackel entzünden, während die Minderheit im Land misshandelt und gefoltert wird. 2014 nutzte Russland Olympia für eigene Propaganda-Spiele, wenig später folgte die Annexion der Krim. Bach gab diesen Ländern nicht nur die Gelegenheit dazu, die Bühne des Sports zu missbrauchen, sondern ließ sich noch händeschüttelnd mit Diktatoren ablichten.
In Deutschland gab es nach langem Zaudern der Politik endlich das Bekenntnis zu einer Olympia-Bewerbung. Es bleibt zu hoffen, dass Bachs Aussagen nur ein kurzes Störfeuer sind. Denn 2025 räumt der 70-Jährige seinen Posten. Der Sport kann sich freuen.
NICO-MARIUS.SCHMITZ@OVB.NET