Umstrittener Sieger: Calin Georgescu. © Mihailescu/AFP
Bukarest – Nach der Annullierung der Präsidentschaftswahl in Rumänien wegen Vorwürfen russischer Einflussnahme hat der in der ersten Wahlrunde siegreiche rechtsradikale Calin Georgescu seine Anhängerschaft zu mobilisieren versucht. Georgescu erschien gestern trotz Absage der eigentlich für diesen Tag geplanten Stichwahl vor einem Wahllokal und prangerte einen Verfassungsbruch an. Vor dem Wahllokal demonstrierte eine kleine Menge gegen die Wahlannullierung. Breite Proteste im Land gab es jedoch nicht.
„Ich bin im Namen der Demokratie hier“, sagte Georgescu vor dem Wahllokal in einer Schule in Mogosoaia nahe der Hauptstadt Bukarest. „Dies ist der Tag der Verfassung, aber in Rumänien gibt es nichts Verfassungsmäßiges.“ Georgescu teilte mit, dass er die Wahlannullierung bei der rumänischen Justiz sowie beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angefochten habe.
Das Oberste Gericht des Landes hatte am Freitag die erste Runde der Präsidentschaftswahl vollständig annulliert und damit auch die Stichwahl abgesetzt. Das Gericht ordnete eine Wiederholung an, der Termin muss noch von der Regierung festgesetzt werden.
Bei der Wahl am 24. November hatte der als russlandfreundlich geltende Georgescu völlig überraschend mit knapp 23 Prozent die meisten Stimmen erhalten. Georgescu sollte demnach in der Stichwahl gegen die zweitplatzierte Mitte-rechts-Politikerin Elena Lasconi antreten. Der sozialdemokratische Regierungschef Marcel Ciolacu, der ebenfalls für das Präsidentenamt kandidiert hatte, war als Drittplatzierter überraschend ausgeschieden.
Georgescu sprach kurz nach diesem Gerichtsbeschluss von einem „formalisierten Staatsstreich“. Auch die Kleinstadt-Bürgermeisterin Lasconi kritisierte die Wahlannullierung scharf und sprach von einer „illegalen“ Entscheidung, die das „Wesen der Demokratie“ zerstöre.
In einer ersten Entscheidung am Montag hatte das Oberste Gericht das offizielle Ergebnis noch als korrekt bestätigt. Zuvor hatte eine von den Verfassungshütern angeordnete Neuauszählung der Stimmen stattgefunden. Die Annullierung folgte dann am Freitag, nachdem das Präsidialamt Geheimdienstdokumente zu mutmaßlichen Wahlmanipulationen zugunsten Georgescus freigegeben hatte. Unter anderem war in den Dokumenten von einer „Guerilla“-Kampagne auf der Videoplattform Tiktok mit „manipulierten“ Influencern und der Nutzung von Algorithmen sowie von mehr als 85 000 Cyberattacken die Rede.
Rumänien sei zudem ein Ziel „aggressiver“ Einmischungen Russlands, darunter Cyberangriffe, Leaks und Sabotageakte, erklärte der Geheimdienst. Am Samstag durchsuchte die Polizei drei Häuser in der zentralrumänischen Stadt Brasov. Es gehe um die Vorwürfe der „Wählerbestechung, Geldwäsche und Datenmanipulation“, erklärte die Staatsanwaltschaft.