Rund 150 000 Menschen demonstrierten gestern in Seoul gegen den Präsidenten Yoon Suk Yeol. © Lee Jin-man/dpa
Seoul – Nach dem im Parlament gescheiterten Antrag auf Absetzung von Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol wegen Ausrufung des Kriegsrechts hat die wichtigste Oppositionspartei einen erneuten Anlauf für ein Amtsenthebungsverfahren angekündigt. Oppositionschef Lee Jae Myung sagte, der Präsident sei „der Hauptschuldige hinter dem Aufstand und dem Militärputsch, der die verfassungsmäßige Ordnung Südkoreas zerstört hat“. Yoon müsse daher „entweder sofort zurücktreten oder schnellstmöglich seines Amtes enthoben werden“, seine Partei DP werde daher für den 14. Dezember ein erneutes Votum zur Amtsenthebung beantragen.
Der konservative Staatschef hatte am Dienstag das Kriegsrecht verhängt. Das Parlament machte jedoch kurz danach in einer dramatischen Sitzung von seinem Vetorecht gegen die Maßnahme Gebrauch, woraufhin Yoon das Kriegsrecht nach wenigen Stunden wieder aufhob. Dennoch befindet sich das ostasiatische Land seither weiterhin in politischen Turbulenzen.
Am Samstag scheiterte im Parlament ein erster Antrag auf Absetzung von Yoon. Die von der Opposition eingebrachte Initiative verfehlte die erforderliche Zweidrittelmehrheit, nachdem die meisten Abgeordneten von Yoons PP-Partei die Abstimmung boykottiert hatten. Vor dem Parlament in Seoul demonstrierten nach Polizei-Angaben rund 150 000 Menschen gegen Yoon.
Die Präsidentenpartei PPP erklärte am Sonntag, sie habe im Gegenzug für die Blockade einer Amtsenthebung Yoons „Versprechen erhalten“, dass er sich zurückziehen und seiner Partei und dem Ministerpräsidenten die Regierungsgeschäfte überlassen werde. „Selbst bevor der Präsident zurücktritt, will er sich nicht in staatliche Angelegenheiten einmischen, darunter außenpolitische Angelegenheiten“, sagte PPP-Chef Han Dong Hoon nach einem Treffen mit Ministerpräsident Han Duck Soo.
Parlamentspräsident Woo Won Shick wies dieses Arrangement zurück: „Die gemeinsame Ausübung der präsidialen Macht durch den Ministerpräsidenten und die Regierungspartei (…) ist eine klare Verletzung der Verfassung.“ Oppositionschef Lee kritisierte, die Macht des Präsidenten sei „nicht das persönliche Eigentum von Präsident Yoon Suk Yeol“.
Der zum Zeitpunkt der Ausrufung des Kriegsrechts amtierende Innenminister Lee Sang Min trat zurück, wie das Präsidialbüro am Sonntag mitteilte. Wenige Stunden zuvor wurde der bereits am Donnerstag zurückgetretene Ex-Verteidigungsminister Kim Yong Hyun festgenommen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Yonhap mitteilte, stellte er sich in der Nacht zum Sonntag den Behörden.