Ein Syrer trampelt auf einem Assad-Porträt herum.
In Damaskus reißen Rebellen-Kämpfer ein Denkmal des früheren Präsidenten Hafiz al-Assad um. © Beshara/Kadour/AFP
Plünderungen in Baschar al-Assads Residenz – am Boden ein zerbrochenes Porträt des verstorbenen syrischen Präsidenten Hafiz al-Assad, dem Vater von Baschar. © Malla/dpa
Damaskus – Rund 40 Luxuslimousinen, darunter ein rund drei Millionen Dollar teurer Ferarri F50 sowie ein Lamborghini, ein Rolls-Royce und ein Bentley: Das sind nur einige der Reichtümer, die die Syrer entdeckten, als sie Baschar al-Assads Residenz in Damaskus stürmten. Nachdem am Sonntag die Präsidenten-Villa geplündert wurde, kamen gestern viele Syrer nur, um zu sehen, in welcher Pracht ihr Präsident schwelgte.
„Er lebte im Luxus, während wir litten“, sagt der 25-jährige Omar. Die 35-jährige Umm Nader erklärt, sie sei hier, „um zu sehen, was wir nicht sehen durften, während wir in Armut und Entbehrungen lebten“. In der nun verwaisten Residenz seien die Heizung und der Strom nicht abgestellt worden, „während unsere Kinder von der Kälte krank werden“. Stundenlange Stromausfälle gehören nach Jahren des Bürgerkriegs zum Alltag der Menschen in Syrien. Ein Großteil der Bevölkerung lebt nach Angaben der Vereinten Nationen in Armut.
Dutzende Männer, Frauen und Kinder laufen durch den großen Garten und durch die zahlreichen Zimmer des weitläufigen Gebäudekomplexes. Bis auf einige Möbel und ein auf dem Boden liegendes Assad-Porträt sind die Räume leer. Dokumente liegen verstreut auf den Treppen. Die Residenz war zuvor geplündert worden, nachdem islamistische Kämpfer Damaskus im Zuge ihrer überraschenden Offensive erobert hatten und Assad nach Moskau geflohen war. Ein im Internet verbreitetes Video zeigt, wie Schaulustige in die Schlafzimmer der Assad-Residenz eindringen und Kleidung, Teller und weitere Besitztümer des entmachteten Präsidenten mitnehmen, darunter eine Einkaufstasche der Luxusmarke Louis Vuitton.
Auf dem Umayyaden-Platz feiern die Menschen die Flucht des bei so vielen verhassten Diktators: „Das ist unglaublich, wir hätten nie gedacht, dass dieser Albtraum aufhören könnte, wir werden wiedergeboren“, sagt die 49-jährige Rim Ramadan. Über 50 Jahre lang habe sich die syrische Bevölkerung nicht getraut, zu sagen, was sie denke.
Bei manchen entlädt sich die Wut auf Assad in Gewalt: Das Gebäude des syrischen Geheimdienstes und die Empfangshalle des Präsidenten-Palasts wurden nach dem Einmarsch der islamistischen Kämpfer in Damaskus am Sonntag in Brand gesteckt.
Die Weißhelme, der syrische Zivilschutz, suchen derweil in dem berüchtigten Gefängnis Saidnaja nach Opfern des Assad-Regimes. In dem Gefängnis, das wegen der dort herrschenden Brutalität im Volksmund „Schlachthaus“ genannt wurde, gab es während des Assad-Regimes laut Amnesty International Massenhinrichtungen und Folter.
Spezialisten des Zivilschutzes fahnden dabei unter anderem mit Hunden und Geräuschsensoren nach Geheimzellen im Keller des Gefängnisses. „Wir werden von Personen begleitet, die alle Einzelheiten des Gefängnisses kennen“, schrieb Raid Al Saleh, Leiter der Weißhelme. Bislang blieb die Suche jedoch erfolglos.
Israel versucht derweil, das syrische Machtvakuum zu nutzen, um künftige Bedrohungen aus dem Nachbarland zu verhindern: „Wir haben strategische Waffensysteme angegriffen, darunter Reste von Chemiewaffen oder Langstreckenlenkwaffen und -raketen, damit sie nicht in die Hände von Extremisten fallen“, erklärte der israelische Außenminister Gideon Saar nach Luftangriffen auf syrische Stellungen der Assad-Armee.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte hatte die israelische Armee bereits „Stunden nach Bekanntwerden“ von Assads Sturz militärische Stellungen in mehreren Landesteilen Syriens attackiert.