Sucht den politischen Ausweg: Emmanuel Macron vor dem Élysée-Palast. © picture alliance
Paris – Emmanuel Macron ist nicht dafür bekannt, schnelle Entscheidungen zu treffen. Bis zur Ernennung von Ex-Premier Michel Barnier im September hatte er sich zwei Monate Zeit gelassen. Als dessen Regierung nach nur drei Monaten zerbrach, kündigte der Präsident an, „in den kommenden Tagen“ einen Nachfolger zu ernennen. Das ist knapp eine Woche her – und so langsam wird das Parlament ungeduldig.
Ein wenig Zeit hat er sich noch erkaufen können. „Innerhalb von 24 Stunden“ werde Macron einen neuen Premier ernennen, versprach Macron gestern Nachmittag. Zuvor hatte er erstmals die Spitzen aller Parteien ins Élysée eingeladen – mit Ausnahme der Links- und Rechtspopulisten.
Kriterien für die Teilnahme an dem Treffen sei die „Kompromissbereitschaft“ der jeweiligen Parteien gewesen, hieß es im Élysée. Ziel sei die „Einigung auf eine Methode“. Damit dürfte gemeint sein, dass die beteiligten Parteien sich verpflichten, die künftige Regierung nicht umgehend durch ein Misstrauensvotum zu stürzen – quasi eine Art Friedensvereinbarung.
Sollten sie sich darauf einigen, hätten die gemäßigten Parteien gemeinsam eine Mehrheit gegenüber den Rechts- und Linkspopulisten. Sozialisten und Grüne hatten vergangenen Mittwoch noch für das Misstrauensvotum gestimmt, das die Minderheitsregierung von Barnier zu Fall gebracht hatte.
Sozialistenchef Olivier Faure sprach Macron die Fähigkeit ab, zwischen den Parteien vermitteln zu können. „Die Debatte sollte nicht unter seiner Aufsicht fortgesetzt werden, denn er kann nicht der Schiedsrichter sein“, sagt er beim Eintreffen im Élysée. Grünen-Chefin Marine Tondelier pflichtete ihm bei: „Die Debatte sollte besser in der Nationalversammlung geführt werden.“
Das Parteientreffen im Élysée ist ein bislang unbekanntes Format. Bislang hatte er die Vertreter der Parteien meist einzeln im Palast empfangen. Und mit ihm ist es Macron zumindest gelungen, einen symbolischen Keil in das links-grüne Wahlbündnis Neue Volksfront zu treiben. Der linkspopulistische Parteichef Manuel Bompard mahnte die bislang mit seiner Partei verbündeten Sozialisten und Grünen, nicht „der Versuchung einer Regierungsbeteiligung zu erliegen“.
Offen ist weiterhin, wer sich letztlich an der Regierung beteiligt. Die Sozialisten und Grünen lehnen dies ab, solange der nächste Premierminister nicht aus ihren Reihen hervorgeht. Danach sieht es derzeit jedoch nicht aus. Zudem sind sie intern zerstritten, wer in einem solchen Fall den Posten übernehmen sollte.
Unterdessen gab der Élysée bekannt, dass die geschäftsführende Regierung heute ein Sondergesetz vorstellen will. Dieses soll es der künftigen Regierung ermöglichen, auf der Basis des Haushalts von 2024 weiterzumachen. Es ist das erste Mal seit 1979, dass ein solches Gesetz nötig ist. Die Minderheitsregierung von Barnier hatte es nicht geschafft, eine Mehrheit für ihre Haushaltsgesetze zu bekommen.
Spekulationen über Barniers Nachfolge gibt es bereits. Als Kandidaten sind neben anderen der 38 Jahre alte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und der 73 Jahre alte François Bayrou, Chef einer mit Macron verbündeten Splitterpartei, im Gespräch. Genannt wird auch die Ministerin für Dezentralisierung, Catherine Vautrin.