Skandinavier sind gemeinhin nicht für ihre Hitzköpfigkeit bekannt. Umso lauter hallt derzeit das Echo ihrer Verwünschungen der deutschen Anti-Atom-Politik durch Europa. „Es ist eine absolut beschissene Situation“, klagt Norwegens Energieminister. Und seine schwedische Kollegin zürnt: „Ich bin wütend auf die Deutschen.“ Was ist passiert? In Europa steigen gerade die Strompreise dramatisch, weil das Atom-Ausstiegsland Deutschland den Nachbarn die knappe Energie wegkauft. Wenn Dunkelflaute herrscht, also der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, herrscht Energieknappheit. Über den europäischen Netzverbund zahlen auch unsere Nachbarn den Preis für Deutschlands verkorkste Energiewende. Am Ende leidet die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Kontinents unter der Berliner Geisterfahrt.
Es ist vor diesem Hintergrund eine Frechheit, wenn Bayerns Grünen-Chefin Schulze dem Ministerpräsidenten eine „Irrfahrt in die energiepolitische Vergangenheit“ vorwirft, weil dieser sich in Tschechien um eine Atompartnerschaft bemüht. Ja was denn sonst? Niemand leidet stärker unter der Abschaltung der deutschen Atommeiler als die bayerische Industrie. Die muss befürchten, dass sie im Standortwettbewerb mit dem deutschen Norden zurückfällt, weil an der windreichen Küste mehr Windräder gebaut wurden als im windarmen Süden und auch die (Gas-)Kraftwerksstrategie von Habeck gescheitert ist. Erfolgreich war der grüne Wirtschaftsminister nur bei der Abschaltung der letzten Meiler im April 2023 – davor hatten er und sein danach zurückgetretener Staatssekretär Graichen der Öffentlichkeit weisgemacht, dass eine angeblich „ergebnisoffene Prüfung“ keine Nachteile ergeben habe. Erst später stellte sich heraus, dass hochrangige Beamte des Ministeriums gewarnt hatten. Zu Recht, wie man heute sieht.
Man kann Markus Söder ja vieles vorwerfen: etwa, dass er mit Angela Merkel einst einer der Antreiber war auf dem Marsch raus aus der Kernkraft. Und manche beäugen argwöhnisch, ob der CSU-Chef mit seiner umtriebigen Auslandsdiplomatie gerade seinem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz ein bisschen die Show klaut. Aber sich für den Erhalt von Arbeitsplätzen in Bayern einzusetzen, ist seine Pflicht. Die Grünen reiten dagegen lieber weiter ihre ideologischen Steckenpferde.
GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET