Listen-Parteitag bei der CSU: Alexander Dobrindt auf 1, unterstützt von Markus Söder. © Peter Kneffel/dpa
Robert Habeck wird durch den Saal getragen: als Papp-Aufsteller. Zu Wort meldet sich der Vizekanzler beim Parteitag in Hirschaid per Video. © Karl-josef Hildenbrand/dpa
München – Es ist nur ein Hauch von Habeck in Bayern, ein Pappaufsteller auf dem Parteitag, ein Video auf der Leinwand. Doch das genügt, damit Kanzlerkandidat Robert Habeck seinen Grünen ins Gewissen reden kann. „Mit geradem Rücken“ sollten sie in den Wahlkampf gehen, bittet er in seiner Botschaft. „Vieles, vielleicht alles“ sei möglich, wenn man nur raus aus den Hallen und auf die Straßen gehe. Zuversicht stecke andere an.
Habecks vorproduziertes Video in Hirschaid ist ein Appell, selbstbewusster in die Debatten zu gehen, trotz Ampel-Image. Tenor: nicht schönreden, dass es Probleme gibt, aber Lösungen anbieten. Die Teuerung sei „bedrückende Realität für viele Menschen“, räumt der Wirtschaftsminister etwa ein, „obwohl wir technisch in der Bundesregierung viele Dinge gut und richtig gemacht haben“. Habeck setzt zwei, drei gezielte Seitenhiebe auf die Union, rügt, dass sie „so gern alles kaputt“ mache.
Der Name Söder fällt in Habecks Sieben-Minuten-Rede nicht. Fast zeitgleich steht Markus Söder in München am Rednerpult, natürlich real und eine knappe Stunde lang, und arbeitet sich dafür umso emsiger an Habeck ab. „Ob man das Gesicht nett findet oder nicht, das Gesicht der Krise ist Robert Habeck“, ruft er. Mit mehr Grün und mehr Wokeness werde man das Land nicht aus der Krise führen, sondern mit „deutschen Tugenden. Ein bisschen mehr Heimat, ein bisschen mehr Patriotismus, ein bisschen mehr Deutsch an manchen Stellen, das tut dem Land gut.“ Söder umreißt in seiner Rede das Unions-Programm, kommt dabei aber immer wieder auf die Abgrenzung zu den Grünen zurück, sie ist ihm erkennbar wichtig.
In sehr scharfen Worten fordert er eine echte Richtungswende in der Politik, nicht nur einen Personalaustausch. Sonst sei es „wie wenn du auf einen Misthaufen Parfüm schüttest und hoffst, dass es keiner mehr riecht“. In moderaterem Ton warnt er dann indirekt, dass bei einem Scheitern der nächsten Bundesregierung der Vertrauensverlust in alle demokratischen Parteien drohe: „Die Antidemokraten stehen vor der Tür.“
Die Liste zu reihen, geht bei der CSU rumpelfrei. Wie vorgeschlagen, kommen auf die ersten fünf Plätze Alexander Dobrindt, Andrea Lindholz, Günther Felßner, Daniela Ludwig und Alois Rainer. Söder muss nicht viel dazu sagen, er hebt nur zwei Kandidaten hervor: auf Platz 3 den Bauernpräsidenten Felßner, von dessen Nominierung als Quereinsteiger nicht jeder Berliner CSUler ehrlich begeistert ist; und auf 1 Dobrindt. Was Söder über den Landesgruppenchef sagt, ist ungewohnt herzlich. „Uns war nicht in die Wiege gelegt, dass wir dicke Kumpels werden.“ Er habe gelernt, dass Dobrindt „ein Stratege, ein Profi“ sei, einer, der mindestens auf Augenhöhe mit Kanzler Scholz verhandle. Söder gibt als Wahlziel aus, jeden Wahlkreis zu holen und noch einzelne Listenmandate; das wäre beim aktuellen Umfragehoch von 45 Prozent drin. „Gott schütze unsere Liste“, ruft er am Ende seiner Rede noch in den mit 260 Delegierten gefüllten Saal. Am Ende wird Dobrindt mit 93 Prozent auf Platz 1 gewählt, Enthaltungen nicht mitgerechnet.
Die grüne Liste, etwas weniger pathetisch, hat teils knappere Resultate. Auf Platz 1 landet aber plangemäß die Münchnerin Jamila Schäfer mit fast 90 Prozent; sie hatte 2021 ein Direktmandat geholt. Es folgt Anton Hofreiter, der sich den Männer-Spitzenplatz parteiintern im Vorfeld erkämpfen musste, jetzt aber ebenfalls mit fast 90 Prozent ohne Gegenkandidat durchkommt. Platz 3 geht an Claudia Roth. Sascha Müller, Lisa Badum, Karl Bär,Tina Winklmann und Niklas Wagner folgen. Grobe Schätzung: Pro Prozentpunkt zieht ein bayerischer Abgeordneter in den Bundestag ein, die Umfragen liegen bei 13. Der Münchner Dieter Janecek, der oberbayernintern um den Spitzenplatz gekämpft und gegen Hofreiter verloren hatte, setzt nun voll auf den Plan eines Direktmandats in der Stadt.