Südkorea feiert das Ende von Yoon

von Redaktion

Im zweiten Anlauf wurde der Präsident abgesetzt – Verfassungsgericht muss noch zustimmen

Pure Freude in Seoul über die Amtsenthebung von Präsident Yoon Suk Yeol. © Anthony Wallace/AFP

Seoul – Es sind eindrucksvolle Szenen, die am Wochenende aus Südkorea die ganze Welt erreichen: Rund 200 000 Menschen, die vor dem Parlamentsgebäude in Seoul trotz Minusgraden feiern, bunte Leuchtstäbe schwenken, zu fröhlicher Musik tanzen und sich weinend in den Armen liegen. „Ist es nicht erstaunlich, dass wir, das Volk, das zusammen geschafft haben?“, ruft die 52-jährige Demonstrantin Choi Jung-ha. Kurz zuvor wurde der 63-jährige Yoon Suk Yeol vom Parlament seines Amtes enthoben – als dritter Präsident in der Geschichte Südkoreas.

Es hat zwei Anläufe gebraucht, um den Präsidenten abzusetzen – am Samstag war die Opposition mit ihrem Antrag erfolgreich. 204 der 300 Abgeordneten im Parlament stimmten für die Amtsenthebung. Yoon erklärte daraufhin, er werde „für eine Weile zur Seite treten“. Yoon hatte Anfang Dezember völlig überraschend das Kriegsrecht verhängt und sein Land damit in eine tiefe Krise gestürzt. So ordnete er etwa das Militär an, die Nationalversammlung abzuriegeln. Dennoch gelang es insgesamt 190 Abgeordneten, sich Zutritt zum Plenarsaal zu verschaffen und einstimmig gegen die Kriegsrechtsentscheidung zu stimmen. Binnen weniger Stunden hob Yoon das Kriegsrecht wieder auf.

Mit der Entscheidung der Nationalversammlung wird der Präsident nun – zumindest vorerst – von seinen Aufgaben entbunden. Übergangsweise übernimmt der 75-jährige Ministerpräsident Han Duck Soo dessen Amtsgeschäfte. Dieser versprach in einer ersten Reaktion, alles für einen geordneten Ablauf der Staatsgeschäfte zu unternehmen. Zudem habe er in einer ersten Anweisung angeordnet, dass das Militär seine Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. In einem Telefonat sicherte Han US-Präsident Joe Biden zu, die diplomatischen Beziehungen und Sicherheitspolitik ohne Unterbrechung fortzusetzen. Die USA als wichtiger Verbündeter des ostasiatischen Landes sicherten ihrerseits ihren Willen zur Zusammenarbeit zu.

Park Chan Dae, Fraktionsvorsitzender der oppositionellen Demokratischen Partei (DP), bezeichnete die Abstimmung als „Sieg für das Volk und für die Demokratie“.

Das Verfassungsgericht muss nun innerhalb von 180 Tagen eine finale Entscheidung über die Amtsenthebung von Yoon treffen. Es kann diese entweder bestätigen oder für verfassungswidrig erklären. Derzeit sind nur sechs der neun Richterposten des Verfassungsgerichts besetzt. Sollte es zu keinen Neunominierungen vor der Entscheidung kommen, würde eine einzige Gegenstimme ausreichen, um die Amtsenthebung von Yoon zu verwerfen. In diesem Fall würde der 63-jährige seinen Präsidentenposten zurückerhalten.

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