Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, kündigt Härte an. © Kay Nietfeld/dpa
Brüssel – Die Europäische Kommission hat im Zusammenhang mit der inzwischen annullierten Präsidentenwahl in Rumänien ein Verfahren gegen die Online-Plattform Tiktok eröffnet. Es soll geprüft werden, ob der chinesische Konzern bei Wahlen genug gegen die Einmischung von ausländischen Akteuren vorgeht, wie die Kommission mitteilte. Konkret will sich die Brüsseler Behörde unter anderem Tiktoks Empfehlungssysteme anschauen, also den Algorithmus der Plattform. Dabei soll es um koordinierte, nicht authentische Manipulation sowie die automatisierte Nutzung des Dienstes gehen. Außerdem steht im Fokus, wie Tiktok mit politischer Werbung und bezahlten politischen Inhalten umgeht.
Plattformen wie Tiktok, Facebook, X, Google und viele andere müssen nach dem EU-Gesetz DSA (Digital Services Act) schneller und schärfer als früher gegen illegale Inhalte im Netz vorgehen. Sonst drohen ihnen Strafen. Der Kommission zufolge können etwa Geldbußen in Höhe von 6 Prozent des gesamten weltweiten Jahresumsatzes auf Tiktok zukommen. Die Behörde könne auch eine tägliche Geldstrafe verhängen, bis das Problem behoben sei. Grundsätzlich müssen große Dienste wie Facebook und Instagram mehr Regeln befolgen als kleine.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mahnte an, dass die Demokratien vor jeder Art von ausländischer Einmischung geschützt werden müssten. Nach ernsthaften Hinweisen darauf, dass sich ausländische Akteure mit Hilfe von Tiktok in die rumänischen Präsidentschaftswahlen eingemischt haben, werde nun gründlich untersucht, ob der Konzern solche Risiken ausreichend bekämpft, sagte sie und kündigte Entschlossenheit und Härte an.
Der chinesische Konzern weist die Vorwürfe von sich. „Wir akzeptieren keine bezahlte politische Werbung, wir entfernen proaktiv Inhalte, die gegen unsere Richtlinien zu Fehlinformationen, Belästigung und Hassreden verstoßen“, behauptete eine Sprecherin. Tiktok wolle weiterhin mit den Behörden zusammenarbeiten, um Anfragen zu bearbeiten und Bedenken zu diskutieren.
Der Oberste Verteidigungsrat (CSAT) in Rumänien hatte Tiktok nach dem Erfolg des prorussischen Rechtsradikalen Calin Georgescu bei der Präsidentenwahl schwere Vorwürfe gemacht. Die Plattform habe es unterlassen, ihn bei seinen dort veröffentlichten Propagandamaterialien als Politiker zu identifizieren. Zur Methode des Wahlkampfs von Georgescu und dessen Finanzierung ermittelt inzwischen Rumäniens Staatsanwaltschaft. Georgescu hatte vor allem auf Tiktok Wahlkampf betrieben. Er war in der ersten Runde der Präsidentenwahl auf Platz eins gekommen.
STELLA VENOHR