Kumpelhafter Handshake: Merz und Söder gestern in Berlin. © dpa
München – Als Markus Söder (CSU) und Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) 2021 ihr Wahlprogramm vorstellten, waren das andere Zeiten. Nach ihren Statements trugen beide Maske, am Ende gab es einen unbeholfenen Ellenbogen-bump, der irgendwie Einigkeit symbolisieren sollte. Lange her. Als Söder gestern in Berlin die Präsentation des Programms mit dem neuen Kanzlerkandidaten Friedrich Merz beendet, folgt ein inniger, kumpelhafter Händedruck. Sie schauen sich in die Augen. Lächeln. Soll keiner auf die Idee kommen, es gebe nur den Hauch von Dissens!
„Früher waren Wahlprogramme mit der CDU echt eine zähe Geschichte“, sagt Söder. „Da wurde um jedes Wort gerungen.“ Diesmal sei es leichter gegangen. Die Sitzung der Vorstände beider Parteien verlief harmonisch. „Das ist nicht mehr die GroKo-CDU, das ist eine andere CDU“, sagt Söder und dankt Merz persönlich vor allem für den neuen Kurs in der Migrationspolitik. Auch beim anderen großen Thema der vergangenen Tage – einer möglichen Koalition mit den Grünen – haben beide nach sanftem Druck aus München, aber auch aus der Ost-CDU die gleiche Sprachregelung gefunden: Ein Bündnis rückte mit dem Grünen-Programm in ganz weite Ferne. „Wir haben im Grundsatz völlig unterschiedliche Vorstellungen von Wirtschaftspolitik“, sagt Merz.
Kein Zweifel: Noch vor der Migration soll die Wirtschaft das zentrale Wahlkampfthema der Union werden. „Eine starke Wirtschaft ist die Grundlage für alles“, sagt der Kandidat – auch für Sozial- und Klimapolitik. Das Programm unter der Überschrift „Politikwechsel für Deutschland“ atmet das auf 80 Seiten. Merz: „Wir wollen, dass sich Fleiß wieder lohnt.“ Geplant sind Steuersenkungen und steuerfreie Überstundenzuschläge. Es bleibt beim Renteneintrittsalter mit 67, allerdings soll es nach Erreichen des Rentenalters die Möglichkeit geben, bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei zu verdienen. Steuererklärungen für Rentner sollen in der Regel entfallen. Und weil Kanzler Olaf Scholz (SPD) derzeit immer das Gegenteil behauptet, ist explizit festgehalten: „Rentenkürzungen wird es mit uns nicht geben.“
Deutschland brauche Aufbruchstimmung, glauben die Unionsparteien. Im Programm heißt es: „Wir senken die Unternehmenssteuerbelastung auf maximal 25 Prozent, schaffen den Rest-Soli ab und verbessern Abschreibungen und Verlustverrechnung.“ Bürokratie und Statistikpflichten sollen ebenso abgeschafft werden wie das nationale Lieferkettengesetz und das Heizungsgesetz. „Der Strom muss für alle schnell und spürbar günstiger werden.“ Stromsteuer und Netzentgelte werden deshalb gesenkt.
Kritik an fehlender Gegenfinanzierung weist Merz zurück. Seine Rechnung: Von 5,5 Millionen Menschen im Bürgergeld, seien 1,7 Millionen erwerbsfähig. Bringe man 100000 in Arbeit, spare man zwei bis drei Milliarden Euro Ausgaben. Und es gebe bis zu 800000 offene Stellen.
MIKE SCHIER