Kretschmer muss im Landtag zittern

von Redaktion

Matthias Berger (parteilos) ist Landtagsabgeordneter für die Freien Wähler in Sachsen. © Robert Michael/dpa

Rund dreieinhalb Monate nach der Landtagswahl in Sachsen haben CDU und SPD ihren Koalitionsvertrag für eine Minderheitsregierung unterzeichnet. Spitzenvertreter der beiden Parteien um Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und SPD-Co-Landeschef Henning Homann unterschrieben das Dokument am Dienstag bei einer Zeremonie im Landtag.

CDU und SPD wollen gemeinsam eine Minderheitsregierung bilden, haben im Parlament also keine eigene Mehrheit. Bei Abstimmungen sind sie deshalb auf die Unterstützung anderer Fraktionen angewiesen. Erste Bewährungsprobe für das Bündnis ist die für heute geplante Wiederwahl von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Landtag. Mit dem Freien-Wähler-Abgeordneten Matthias Berger reichte ein weiterer Kandidat seine Kandidatur ein.

Nach der Landtagswahl am 1. September hatte die CDU zunächst mit SPD und BSW über eine Dreierkoalition verhandelt, die aber an Differenzen unter anderem in der Friedens- und Migrationspolitik scheiterten. Anschließend einigten sich CDU und SPD auf die Bildung einer Minderheitsregierung, den entsprechenden Koalitionsvertrag segneten die beiden Parteien in den vergangenen Tagen ab.

CDU und SPD fehlen im Landtag zehn Stimmen zur eigenen Mehrheit. Außer dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sind noch AfD, Grüne und Linke sowie Berger als fraktionsloser Einzelabgeordneter der Freien Wähler im sächsischen Parlament vertreten. CDU und SPD wollen andere Fraktionen mit einem „Konsultationsmechanismus“ einbinden, um die nötigen Mehrheiten für Gesetzesvorhaben zu organisieren. Nur eine Zusammenarbeit mit der vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuften AfD um ihren Parteichef Jörg Urban lehnen sie ab.

Laut Landesverfassung braucht Kretschmer für seine Wahl eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Landtags, also eben mindestens 61 der 120 Abgeordneten. Kommt die Wahl eines Regierungschefs auf diese Weise nicht zustande, reicht in einem weiteren Wahlgang auch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Wahl erfolgt geheim ohne vorherige Debatte. Die Grünen erklärten bereits, nicht für Kretschmer zu stimmen. Sie wollen auch nicht für den AfD-Kandidaten Urban stimmen.

Bergers Angebot: Der Parteilose, der jahrelang Oberbürgermeister von Grimma war, will eine Expertenregierung aus allen Fraktionen bilden und nennt das ein „Schweizer Modell“. Die Zahl der Ministerien soll verringert werden. Jede Fraktion, also auch AfD, Linke und das BSW, könnte dann einen Minister benennen. Die Idee des 56-Jährigen ist hier, keine Berufspolitiker zu benennen. Laut „FAZ“ gilt als möglich, dass Berger in einem zweiten oder dritten Wahlgang mit den Stimmen der AfD plötzlich eine relative Mehrheit bekommen könnte.

Artikel 8 von 11