KOMMENTAR

Die Union muss mutiger werden

von Redaktion

Bilanz des Wahlkampfauftakts

Den Deutschen geht es gerade ein bisschen wie Peter Alexander in dessen Schlager aus den 60-er Jahren: Sie zählen täglich ihre Sorgen. Neben den Dauerbrennern Wirtschaft, Migration und Kriegsangst schiebt sich laut „Deutschlandtrend“ jetzt ein neues Frustthema weit nach vorn: die Angst vor instabilen politischen Verhältnissen, so wie sie zuletzt in Ostdeutschland herbeigewählt wurden. Und die Sorge, dass nach der vorgezogenen Neuwahl am 23. Februar wieder kein Ruck durchs Land geht.

Neue Umfragen nähren solche Befürchtungen: Obwohl die alte Regierung abgewirtschaftet hat wie keine vor ihr, gelingt es CDU und CSU nicht, aus ihrem 32-%-Kerker auszubrechen. Freudlos blicken die Bürger, die sich mehrheitlich so sehr über das Ende der Ampel gefreut haben, auf den Wahltag. Da ist es für die Union ein schwacher Trost, dass auch der Aggro-Wahlkampf des Noch-Kanzlers mit ungenierten Lügen und Beleidigungen der politischen Rivalen nicht verfängt und die SPD zwischen kläglichen 14 und 15 Prozent festklebt – für die Genossen, denen der Kanzler ein Aufholwunder versprochen hat, ein Schock. Doch kommt es auch für den CDU-Spitzenkandidaten Merz einer Watschn gleich, dass ihn nur gut jeder Vierte für einen guten potenziellen Kanzler hält.

Merkwürdig gehemmt führt die Union deshalb ihren Wahlkampf. Es ist vor allem geprägt von der Sorge, ihren Gegnern keine Bestätigung für Vorurteile über Merz zu liefern. Anders als bei den einst glorreich gewonnenen Wahlschlachten über Wiederbewaffnung, Natobeitritt und Nachrüstung, in denen CDU und CSU gegen den erbitterten Widerstand der SPD die deutsche Westbindung durchsetzten, tappt die Union heute in die Angstfalle eines selbst ernannten „Friedenskanzlers“, der auch außenpolitisch gescheitert ist und Deutschland in Europa isoliert hat. Mit überflüssigen Koalitionsdebatten machen sich CDU und CSU selbst das Leben schwer, statt mit einem mutigen bürgerlichen Politikentwurf an die AfD verlorene Wähler zurück zu locken. Das wäre kein Hexenwerk, frönt die AfD doch einem Pseudo-Patriotismus von Gnaden Putins, während SPD, Grüne und BSW vor allem mit neuen sozialen Wohltaten hausieren gehen. Politische Stabilität für Deutschland hat dagegen laut allen Umfragen nur eine Kraft im Angebot. Das ist die Union. Vielleicht sollte sie bei Gelegenheit mal darauf hinweisen.
GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET

Artikel 4 von 11