Warschau – Nachdem Ungarn einem von Polen per europäischem Haftbefehl gesuchten Mitglied der früheren PiS-Regierung Asyl gewährt hat, nehmen die Spannungen zwischen beiden Ländern zu. Der polnische Botschafter in Budapest wurde auf unbestimmte Zeit nach Warschau zurückbeordert, wie ein Sprecher des Außenministeriums sagte. Außerdem habe man Ungarns Botschafter einbestellt und ihm eine Protestnote übergeben.
Am Donnerstag hatte Ungarn dem einstigen polnischen Vize-Justizminister Marcin Romanowski Asyl gewährt. Zuvor hatte ein Gericht in Warschau dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben, nach dem 48-Jährigen mit einem europäischen Haftbefehl zu fahnden.
Die polnische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Romanowski wegen elf Straftatbeständen, darunter auch wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Als stellvertretender Justizminister soll er Millionenbeträge aus einem Fonds für Verbrechensopfer in Projekte geschleust haben, von denen sich der damalige Justizminister Zbigniew Ziobro einen Nutzen für die Partei versprach.
Polens Regierungschef Tusk kritisierte Ungarn scharf. Er habe nicht geahnt, dass korrupte Beamte auf der Flucht vor Strafverfolgung mittlerweile zwischen Schutz beim belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko oder bei Ungarns Regierungschef Viktor Orbán wählen könnten, sagte Tusk in Brüssel. „Diejenigen, die gestohlen haben, diejenigen, die korrupt sind, suchen Zuflucht in Ländern, die von Politikern regiert werden, die ihnen ähnlich sind.“