Der Bedrohung selbstbewusst entgegenstellen: Das fordert Verteidigungsminister Pistorius. © dpa
Berlin/Kiew – „Putin greift hybride an, und Deutschland ist dabei besonders im Fokus. Er kennt uns gut, Putin weiß, wie er Nadelstiche bei uns setzen muss“, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Das Bundesverteidigungsministerium definiert hybride Kriegsführung als „Kombination aus klassischen Militäreinsätzen, wirtschaftlichem Druck, Computerangriffen bis hin zu Propaganda in den Medien und Sozialen Netzwerken“. Ziel der Angreifer sei es, „nicht nur Schaden anzurichten, sondern insbesondere Gesellschaften zu destabilisieren und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Offene pluralistische und demokratische Gesellschaften bieten hierfür viele Angriffsflächen und sind somit leicht verwundbar.“
Der SPD-Politiker betonte, es sei wichtig, dass sich Deutschland hierfür wappne. „Wenn wir die Bedrohung ignorieren, weil sie uns Unbehagen bereitet, wird sie nicht kleiner, sondern größer.“ Es gehe um Angriffe auf Infrastruktur und Energieversorgung, um Aktivitäten in Nord- und Ostsee sowie Regelverstöße im Luftraum.
„Hinzu kommen Kampagnen in den Sozialen Medien, die Beeinflussung von Wahlkämpfen und die Finanzierung von Stimmen, die wie AfD und BSW behaupten, uns ginge es nicht um den eigenen Schutz, sondern wir würden auf einen Krieg mit Russland zusteuern“, sage Pistorius. Das gehöre alles zu Putins Strategie, unsere Gesellschaft zu verunsichern und auseinanderzutreiben. „Wir müssen alles dafür tun, um zu verhindern, dass Putins Strategie aufgeht.“
Russlands seit fast drei Jahren andauernder Angriffskrieg gegen die Ukraine ging unterdessen mit nächtlichen Luftangriffen weiter. Russische Flugzeuge warfen Gleitbomben auf die Gebiete Donezk und Cherson ab. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drohte mit weiteren Attacken auf Militäreinrichtungen in Russland als Vergeltung für russische Luftangriffe. Dabei setze die Ukraine mehr und mehr selbst produzierte Waffen ein. Es gehe gegen „die Militärbasen, die russische militärische Infrastruktur, die für diesen Terror gegen unser Volk genutzt wird“.
Mit Terror meinte Selenskyj die jüngsten russischen Luftangriffe auf Kiew, Cherson und andere Städte. In der vergangenen Woche habe Russland mehr als 550 Gleitbomben, fast 550 Kampfdrohnen und mehr als 20 Raketen verschiedener Typen gegen die Ukraine eingesetzt, schrieb Selenskyj im Sozialen Netzwerk X.
Ukrainische Drohnen trafen am Samstag Wohnhäuser in der russischen Millionenstadt Kasan, etwa 1100 Kilometer von der Ukraine entfernt. Im westrussischen Gebiet Orjol habe ein Drohnenschwarm eine Treibstoffanlage in Brand gesetzt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass in der Nacht zu Sonntag. Putin kündigte Vergeltung an.
In Kiew empfing Selenskyj unterdessen den scheidenden Direktor des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, und dankte ihm für seine Unterstützung. Burns (68) hat in den USA unter demokratischen und republikanischen Regierungen gedient. Als CIA-Chef besuchte er im November 2021 Moskau und kam mit der Überzeugung zurück, dass Putin die Ukraine angreifen werde. Erkenntnisse der USA über den russischen Truppenaufbau halfen Kiew, auf den Einmarsch im Februar 2022 vorbereitet zu sein. Auch für die spätere Verteidigung des Landes gegen die russische Invasion waren und sind die Geheimdiensterkenntnisse der USA essenziell.
DPA