Ab sofort fair: Vor allem Kanzler Olaf Scholz (M.) und Unions-Kandidat Friedrich Merz gingen sich zuletzt hart an. © dpa
Berlin – Vor einem voraussichtlich harten Bundestagswahlkampf haben sich die Parteien auf ein Fairness-Abkommen verständigt. Es sieht unter anderem vor, auf persönliche Herabwürdigungen oder Angriffe auf das persönliche oder berufliche Umfeld von Politikern zu verzichten und respektvoll miteinander zu debattieren. Vereinbart wurde das Abkommen von SPD, Union, Grünen, FDP und der Linken, wie SPD und CDU mitteilten.
In der Vereinbarung bekennen sich die Parteien zum Verzicht auf Desinformationen: „Solche bewusst falschen Informationen nutzen wir nicht für Wahlkampfzwecke – auch nicht, wenn sie von Dritten stammen, die keine Verbindung zu uns aufweisen“, heißt es darin. Auch dem Nutzen falscher Identitäten etwa mit Fake Accounts wird eine Absage erteilt: „Wir sind als Absender einer politischen Botschaft erkennbar, entweder durch ein im Wahlwerbemittel klar erkennbares Parteilogo oder durch den Account, mit dem ein Inhalt publiziert wird.“
Für den Wahlkampf vor Ort sichern sich die Parteien zu, keine Gewalt gegen Wahlkämpfer etwa beim Aufhängen von Plakaten und gegen Wahlkampfstände anzuwenden. „Plakate politischer Konkurrenten dürfen nicht zerstört, beschädigt, ab- oder umgehängt werden“, heißt es in der Vereinbarung weiter.
Auch der digitale Wahlkampf und das Nutzen künstlicher Intelligenz sollen fair erfolgen. So heißt es etwa: „Deepfake-Technologien nutzen wir nicht, um politischen Mitbewerbern Aussagen in den Mund zu legen, die sie nicht tatsächlich getätigt haben.“ Mit Hilfe von KI generiertes Bild-, Video- und Tonmaterial soll unmissverständlich und unübersehbar so gekennzeichnet werden. Mit den persönlichen Daten von Nutzern werde verantwortungsvoll umgegangen.
Was die unterzeichnenden Parteien als wichtigen Schritt empfinden, hält das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) für verlogen. Man empfinde das als unehrlich und selbstgerecht, sagte Generalsekretär Christian Leye. Er warf den beteiligten Parteien vor, „Falschbehauptungen über das BSW“ zu verbreiten. „Noch während der Absprachen um ein Fairnessabkommen, an denen sich auch die Union beteiligte, twitterte (CSU-Chef) Markus Söder, unsere Partei sei aus Moskau geführt – klarer lässt sich die Doppelmoral kaum auf den Punkt bringen.“
Das BSW sehe den Sinn einer solchen Vereinbarung nicht, wenn man „diejenige Partei nicht mit an den Tisch setzt, auf die sich diese Problematik hauptsächlich bezieht“, fügte er hinzu. „Wir hätten eine Einbeziehung aller Parteien im Bundestag befürwortet, um die Probleme auch benennen zu können.“ So aber wirke eine solche Erklärung wohlfeil. Sie suche nicht nach „echten Lösungen für reale Probleme“.
In der geplanten Selbstverpflichtung des BSW heißt es unter anderem, man debattiere im Respekt voreinander und stelle sich gegen extremistische Äußerungen und Fake News. Jede Gewalt gegen Wahlkämpfer verurteile man. Plakate politischer Gegner dürften nicht zerstört werden. Im digitalen Raum verzichte das BSW auf Künstliche Intelligenz und Deep-Fake-Technologien.
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hatte im November ein Abkommen vorgeschlagen, um Fake News und Hass aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Zuletzt unterschritten die Parteien den selbst gesetzten Anspruch. Die SPD hatte der Union etwa vorgeworfen, die Renten kürzen zu wollen. Daraufhin hatte CDU-Chef Friedrich Merz erklärt, Kanzler Olaf Scholz sitze schweigend in EU-Sitzungen, was „zum Fremdschämen“ sei. Scholz wiederum konterte: „Fritze Merz redet Tünkram“, also dummes Zeug. Die AfD war als einzige Partei nicht zu den Verhandlungen eingeladen worden.