Eine bessere Nation wollten die Deutschen nach dem von ihnen angerichteten Schrecken des Zweiten Weltkriegs werden, freundlich zu Flüchtlingen und misstrauisch gegenüber jeder Form staatlicher Kontrolle oder Überwachung. Doch ist die Welt von 1945 eine andere gewesen als die von 2024 mit ihren modernen Völkerwanderungen, den religiösen Fanatismen und den wachsenden hybriden Bedrohungen von außen und innen. Der Terror von Magdeburg in Kombination mit dem eklatanten behördlichen Versagen führt uns nun schon zum wiederholten Mal schmerzhaft vor Augen, dass der moderne Staat wehrhafter werden, sein Schutzversprechen neu definieren und mit anderen Bürgerrechten wie der informellen Selbstbestimmung ausbalancieren muss. Das betrifft alle Bereiche der Gefahrenabwehr, gleich ob es sich bei den Angreifern um Putins Schergen, irre Islamisten oder Clankriminelle handelt.
Der Terrorismusforscher Peter Neumann legt den Finger zu Recht in die Wunde: Ein Datenschutz, der Kriminelle und Gefährder mehr schützt als die Bevölkerung, ist nicht mehr zeitgemäß. Und Behörden und Nachrichtendienste, die vorsätzlich blind und taub gehalten werden und 90 Prozent ihrer Warnungen nur dank der Hinweise besser ausgestatteter befreundeter Dienste aussprechen können, sind nicht Ausdruck eines besonders zivilen oder modernen Gemeinwesens, sondern sträflicher Arglosigkeit. Auch hier könnte Donald Trump mit seinen deutschen Freunden, die sich so viel auf ihren vermeintlich überlegenen Datenschutz einbilden, sehr bald Schlitten fahren.
FDP-Chef Lindner fordert als Reaktion auf Magdeburg eine schnellere Rückführung von Syrern. Das ist nicht verkehrt. Doch hat seine Partei eine gerichtlich abgesegnete Verschärfung der Vorratsdatenspeicherung verhindert, die es der Polizei erlaubt hätte, Gefährder leichter aufzuspüren. Auch muss neben dem Gesetzgeber jeder einzelne Richter sich noch stärker seiner Verantwortung für das Gesamte bewusst werden. Das Recht auf Asyl ist sorgsam abzuwägen gegen das Recht der Bevölkerung auf Sicherheit. Es macht fassungslos, dass der spätere Fünffachmörder Taleb A. 2016 Asyl erhielt, obwohl er davor durch Terrordrohungen auffällig geworden war. Besser kann ein Einwanderungsland seinen Bürgern nicht zu verstehen geben, dass es die Kontrolle über das Geschehen verloren hat. Die neue Regierung, wie immer sie sich zusammensetzt, darf die Zeitenwende bei der inneren Sicherheit nicht mehr weiter verbummeln.
GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET