Nato erhöht Präsenz in der Ostsee

von Redaktion

Nato-Soldaten bei einer Übung an der schwedischen Ostseeküste. Das Militärbündnis will sich gegen russische Sabotageakte wappnen. © Anadolu/Getty Images

München – Erst Anfang des Monats hatte Boris Pistorius einen besorgniserregenden Vergleich gezogen. Wie sich Russland in der Ostsee verhalte, sagte der Verteidigungsminister, erinnere ihn an den Kalten Krieg. Signalmunition, Warnschüsse und immer mehr russische Marine-Schiffe: All das seien Putins Provokationen, warnte der SPD-Politiker. Als nur wenige Wochen später über Weihnachten ein Unterseekabel zwischen Finnland und Estland ausfällt, glaubt niemand an einen Unfall.

Der Öltanker „Eagle S“ ist unter der Flagge der Cookinseln gefahren, doch die EU-Länder sind sich sicher: Das Schiff gehört zur russischen Schattenflotte – so wie viele weitere Tanker und Frachtschiffe, die Russland inoffiziell benutzt, um Sanktionen beim Öltransport zu umgehen. Finnische Behörden vermuten, dass der Anker der „Eagle S“ den Schaden an der Stromverbindung Estlink 2 verursacht haben könnte. Und zwar absichtlich.

Nun will die Nato eingreifen, ihre Präsenz in der Ostsee erhöhen. Das kündigte Generalsekretär Mark Rutte nach einem Gespräch mit dem finnischen Präsidenten Alexander Stubb an. Ein Sprecher sagte, das Militärbündnis unterstütze Estland und Finnland uneingeschränkt bei der Untersuchung möglicher Sabotageakte gegen Unterseekabel in der Ostsee. Weitere Details wurden zunächst nicht genannt. Stubb sagte, sein Land und Estland hätten die Nato gebeten, ihre Präsenz auszubauen.

Estland hat bereits eine Marinepatrouille in die Region geschickt. Damit solle die Botschaft gesendet werden, „dass wir bereit sind, die Verbindungen zwischen Estland und Finnland zu verteidigen – auch mit militärischen Mitteln“, erklärte Verteidigungsminister Hanno Pevkur. Der Fall hat auch Schweden aufhorchen lassen: Man habe die Überwachung des Schiffsverkehrs verstärkt, hieß es in einer Mitteilung der Küstenwache. Und man nehme die Schäden, die in letzter Zeit an Unterwasserinfrastruktur aufgetreten seien, sehr ernst.

Erst vor gut einem Monat waren im Abstand von wenigen Stunden zwei wichtige Telekommunikationskabel in der Ostsee beschädigt worden. Der Verdacht fiel auf das unter chinesischer Flagge fahrende Frachtschiff „Yi Peng 3“, das sich zu dem Zeitpunkt in dem Gebiet aufhielt. Die Schäden ließen bei europäischen Politikern den Verdacht auf Sabotage durch Russland im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg laut werden, Finnland, Schweden und Deutschland nahmen Ermittlungen auf. Russland wies den Vorwurf der Sabotage als „absurd“ und „lächerlich“ zurück.

Der finnische Präsident betont, die Lage sei „unter Kontrolle“. Aber man müsse „weiterhin wachsam zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass unsere sensible Infrastruktur nicht von externen Akteuren beschädigt wird“, sagte Stubb am Freitag. Die Stromleitung Estlink 1 werde nun mit Patrouillenschiffen überwacht. Die Reparatur der 170 Kilometer langen Estlink 2 könnte nach ersten Schätzungen der Netzbetreiber mehrere Monate dauern. Größere Auswirkungen für Verbraucher soll es nach Angaben von estnischen und finnischen Behörden aber nicht geben.

Finnische Ermittler setzen derweil ihre Arbeit fort und wollen den Meeresgrund untersuchen. Zudem würden Crewmitglieder der „Eagle S“ befragt, und es sei Material an Bord des Schiffs gesammelt worden, teilte die Polizei mit. Der Zoll habe auch die Treibstoffladung des Schiffs beschlagnahmt.

Man wolle keine voreiligen Schlüsse ziehen, sagte Stubb. Aber wenn klar nachgewiesen werden könne, dass es sich um Sabotage handle und ein staatlicher Akteur dahinterstecke, werde man das definitiv zuordnen. Estlands Außenminister Margus Tsahkna erklärte, angesichts der Häufung von Schäden an Unterwasserinfrastruktur in der Ostsee sei es „schwer zu glauben, dass es sich um Unfälle oder einfach um Manövrierfehler handelt“.
KAB/DPA

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