Arbeit erledigt: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach seiner Ansprache im Schloss Bellevue. © Macdougall/AFP
Berlin/München – Er verkündet einen „Ausnahmefall“, aber wenigstens dabei läuft alles plangemäß. In gesetzten Worten, ohne größere Versprecher, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Freitagmittag den Bundestag aufgelöst und Neuwahlen für 23. Februar angesetzt. „Vorgezogene Neuwahlen sind in unserem Land Ausnahmefälle“, sagte er, „aber gerade in schwierigen Zeiten wie jetzt braucht es eine handlungsfähige Regierung.“
Sechs Minuten braucht Steinmeier, weil er den Politikern noch ein paar Mahnungen mit auf den Weg gibt. „Es ist an der Zeit, dass das Problemlösen wieder zum Kerngeschäft von Politik wird“, sagt er. Und der Wettstreit im Wahlkampf müsse „mit Respekt und Anstand“, mit fairen und transparenten Mitteln geführt werden. „Hass und Gewalt dürfen keinen Platz haben in diesem Wahlkampf.“
Der Präsident klappt anschließend die Mappe mit seinem Redemanuskript zusammen, schweigt ein paar Sekunden, dankt und tritt vom Pult ab. Seine Aufgabe ist erledigt. Der Zeitplan und die Mechanismen für die nächsten Wochen stehen nun fest. Ein Überblick:
Von wegen „aufgelöst“: Eines dieser wunderlichen Politikrituale: Der Bundestag ist „aufgelöst“, aber nicht aufgelöst. Die Abgeordneten bleiben im Amt, bis sich nach der Wahl der neue Bundestag konstituiert; das muss spätestens am 25. März 2025 sein. Weil die Regierung aus aktuell nur SPD und Grünen keine Mehrheit hat und kaum eigene Initiativen durchbringt, ist die Zahl der Sitzungstage gesenkt worden. Zum letzten Mal tagt das Parlament vor der Wahl am Dienstag, 11. Februar. Die angesetzte Generaldebatte dürfte eine reine Wahlkampf-Show werden. Auch die Regierung ist nicht aufgelöst. Kanzler und Minister bleiben geschäftsführend im Amt, bis ihre Nachfolger feststehen.
Die Parteitage: Fast alle Parteien haben ihre Listen kurz vor Weihnachten fertig gereiht (Zweitstimme) und ihre Kandidaten vor Ort benannt (Erststimme). Was noch kommt, sind Parteitage, auf denen die Programme festgezurrt und die Mitstreiter auf den Wahlkampf eingestimmt werden. So wollen SPD und AfD am Wochenende 11./12. Januar endgültig ihre Kanzlerkandidaten bestimmen und die Wahlprogramme verabschieden. Am 26. Januar halten die Grünen ihren Parteitag ab, am 3. Februar die CDU, am 8. Februar die CSU (in Nürnberg) und am 9. Februar die FDP.
Die TV-Duelle: Wer mit wem sich wann und wo streiten darf, ist noch umkämpft. Klar ist, dass am Sonntag, 9. Februar, ARD und ZDF das Duell Olaf Scholz gegen Friedrich Merz ausstrahlen; eine Woche später hat RTL den Kanzler und seinen aussichtsreichsten Gegenkandidaten eingeladen. Am 13. Februar will das ZDF Scholz, Merz, Robert Habeck und Alice Weidel diskutieren lassen. Weitere TV-Formate auch mit FDP, Grünen, AfD und BSW werden folgen.
Die Briefwahl: Erst am 30. Januar kann der Druck der Wahlzettel beginnen. Deshalb ist die Briefwahl-Phase diesmal kürzer, zwei bis drei Wochen bleiben. Vermutlich dürfte über die Hälfte der Wähler per Briefwahl abstimmen.
Die Regierungsbildung: Wer nach der Wahl mit wem koaliert, ist noch nicht absehbar. Als wahrscheinlich gilt nach Lage der Umfragen ein Bündnis von Union und SPD. Optimisten hoffen darauf, dass das neue Kabinett bis Ostern (20. April) steht. Nach den bisher 20 Bundestagswahlen seit 1949 dauerte es zwischen 23 Tagen (das war 1969 und 1983) und 171 Tagen (im Jahr 2017) bis zur Vereidigung der neuen Regierung.