Putins halbgare Entschuldigung

von Redaktion

Nach dem Flugzeug-Absturz

Ein Zar entschuldigt sich nicht – und wenn doch, dann nur ein bisschen. Dass Wladimir Putins halbgares Sorry für den Abschuss einer aserbaidschanischen Passagiermaschine ohne echtes Schuldeingeständnis daherkommt, wundert nicht. Bemerkenswert ist es trotzdem. Während Menschen von Damaskus bis Kiew bis heute auf Worte des Bedauerns für unzählige Moskauer Verbrechen warten, fühlte sich der Kreml-Chef jetzt wohl zur Reaktion genötigt. Kaum wegen der Beweislast, um die er sich auch sonst nicht schert. Sondern um seinen Diktatoren-Freund Ilham Alijew milde zu stimmen.

Dessen Reaktion ist in der aktuellen Dynamik besonders aufschlussreich, denn Putins Geste verfängt offenbar nicht. Dass der Präsident eines kleinen Verbündeten die Chuzpe besitzt, vom großen, kriegerischen Bruder Moskau ein Schuldeingeständnis offen einzufordern, wäre vor Kurzem noch nicht denkbar gewesen. Dass er sich die Moskauer Desinformationsversuche verbittet, von „idiotischen Versionen“ und Vertuschungsversuchen spricht, ebenso wenig. Alijew führt Putin öffentlich vor. Das wird man im Kreml irritiert bemerken.

Man sollte die Sache nicht überbewerten. Sie zeigt aber doch, dass das russische Narrativ endloser Stärke Risse bekommt. Schon die Tatsache, dass Putin seien syrischen Verbündeten Assad nicht an der Macht halten konnte, war ein Hinweis. Nun wird offenbar, dass sich selbst das große Russland um seine kleinen Alliierten bemühen muss.
MARCUS.MAECKLER@OVB.NET

Artikel 1 von 11