Ein gesichertes Bleiberecht soll in Deutschland als Migrant künftig nur noch haben, wer arbeitet, es soll Zurückweisungen schon an der Grenze geben, und Kriminelle sollen bereits nach der zweiten vorsätzlichen Straftat fliegen. Zudem sollen IP-Adressen gespeichert werden dürfen, um Islamisten aufzuspüren: Was die CSU da in ihrem Asylwende-Papier aufgeschrieben hat, müsste für ein Einwanderungsland, das einerseits ausländische Arbeitskräfte dringend braucht, andererseits aber das legitime Sicherheitsbedürfnis seiner (inländischen und ausländischen) Bewohner ernst nimmt, eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Doch das ist es bis heute nicht. Das beweist einerseits die reflexhafte Empörung bei SPD und Grünen über die angebliche „Anbiederung“ der Union an die AfD und andererseits der Umstand, dass CDU und CSU in ihren Berliner Regierungsjahren unter Merkel so sehr auf dem falschen Dampfer unterwegs waren, dass sie aus Dingen, die die allermeisten Bürger spontan unterschreiben würden, mit 20 Jahren Verspätung jetzt einen Wahlkampfschlager zimmern. Schon im Jahr 2000 hatte Bayerns legendärer Innenminister Günther Beckstein gesagt: „Wir brauchen mehr Ausländer, die uns nützen, und weniger, die uns ausnützen.“ Politisch korrekt war das schon damals nicht, aber dafür zutreffend. Seither hat eine laxe Gesetzgebung, aber auch ein ausuferndes Richterrecht Rückzugszonen auch für solche Migranten geschaffen, die kein Land dieser Welt gerne innerhalb seiner Grenzen beherbergt. Da helfen auch keine entschuldigenden Hinweise auf EU-Recht, das eine strengere Asylpolitik derzeit verhindere: Politik hat die Führungsaufgabe, den Rahmen für eine Migrationswirklichkeit zu schaffen, die bei den Menschen auf Akzeptanz stößt. Nimmt sie diese nicht wahr, suchen sich die Wähler eben andere Politiker.
Wären CSU und CDU auf Stoibers und Becksteins Law-and-order-Kurs geblieben, hätten sie heute weit geringere Probleme mit der rechten Konkurrenz, die sich seither in den Parlamenten breitgemacht hat und sich daraus so leicht nicht mehr wird vertreiben lassen. Immerhin zeigen Söder-CSU und Merz-CDU, dass sie nach Solingen, Mannheim und Magdeburg ihre Lernkurve durchlaufen haben, anscheinend im Gegensatz zu SPD-Chefin Saskia Esken. Die hatte nach dem Terror von Solingen zunächst noch keck behauptet, dass man aus der Terrortat „nicht allzu viel lernen“ könne. Blickt man auf manche schrille Reaktionen auf das Unions-Migrationswendepapier, hat sich daran bis heute nicht viel geändert.
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