Mehr als 16 Millionen Syrer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, viele Städte sind zerstört: Das auch wirtschaftlich am Boden liegende Syrien wird ohne Hilfe von außen nicht auf die Beine kommen.
Das bietet eine Chance für Europa, Einfluss auf die neuen Machthaber in Damaskus zu nehmen. Nur so können Russland und der Iran dauerhaft aus Syrien gedrängt werden. Und nur in eine einigermaßen stabile Heimat werden die hunderttausende nach Europa geflohenen Syrer zurückkehren. Insofern setzt der Besuch von Annalena Baerbock und ihrem französischen Amtskollegen Jean-Noël Barrot ein wichtiges Zeichen. Die beiden EU-Vertreter haben dabei auch deutlich gemacht, dass sie den neuen islamistischen Machthabern nicht naiv begegnen.
All diejenigen, die schon am Tag von Assads Flucht nach Moskau die Rückkehr syrischer Flüchtlinge forderten, unterschlagen, dass längst nicht absehbar ist, ob Syrien auf neues Chaos zusteuert: Für die Kurden im Norden ist die Situation jetzt sogar gefährlicher geworden, da die Türkei sie aus der Grenzregion militärisch vertreiben will. Und auch die syrischen Alawiten fürchten Verfolgung, weil sie von den Siegern des Bürgerkriegs mit ihrem Glaubensgenossen Assad in Sippenhaft genommen werden.
Das neue Regime von Ahmed al-Scharaa sendet widersprüchliche Signale an die EU: Einerseits wurden Top-Positionen mit Frauen besetzt. Andererseits brüskierte der Al-Kaida nahe stehende Islamist nun Baerbock, indem er ihr den Handschlag verweigerte.
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