FDP kämpft ums Überleben

von Redaktion

Egal ob Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün: Lindner warnt vor beiden Bündnissen und bietet die FDP als Partner an. Doch die muss erst einmal in den Bundestag kommen. © Weißbrod/dpa

Stuttgart – Hier ist Christian Lindner noch der Star. Er wird gleich zweimal von den Heiligen Drei Königen begrüßt. Fröhlich trällert ein Kabaretttrio unter der Anleitung des Bayers Maxi Schafroth ein satirisches Ständchen für ihn auf seinem Weg zur Stuttgarter Oper. Dort angekommen, stehen schon verkleidete Jugendliche für ein etwas traditionelleres Lied parat. Geduldig lauscht der FDP-Chef den Botschaften, schmeißt Geld in die Spendendose und macht sich auf zu seiner großen Bühne.

Zur Begrüßung des Dreikönigstreffens der FDP gibt es für den Parteichef einen demonstrativ langen Applaus von den anwesenden Liberalen. Sie alle geben sich große Mühe, ihn, Christian Lindner, trotz Ampel-Aus, D-Day-Affäre und Musk-Flirts als den richtigen Spitzenkandidaten zu inszenieren. Ihr sei in den letzten Tagen besonders oft eine Frage von Journalisten gestellt worden, sagt Judith Skudelny, Spitzenkandidatin der FDP Baden-Württemberg. „Ist Christian Lindner überhaupt noch der richtige Mann?“ Die einzig mögliche Antwort der Partei: Ja.

Doch während das Dreikönigstreffen in den vergangenen Jahren dazu diente, die Liberalen mit motivierenden Worten für das neue Jahr einzustimmen, gute Vorsätze mitzugeben, geht es 2025 ums pure Überleben der Partei. Es ist längst kein Thema mehr, ob die FDP – wie in den letzten Jahren eingetreten – aus den Landesparlamenten in Bayern, Berlin oder Thüringen fliegt. Sondern es geht darum, ob sie aus dem Bundestag fliegt. Laut aktueller Insa-Umfrage kommt die FDP auf nur noch vier Prozent.

Schon jetzt ist spürbar, wie Lindners Partei an Relevanz, an Echo verliert. Die letzten Male gab es eine Vielzahl an Protesten vor und in dem Stuttgarter Opernhaus. Klimaaktivisten, Bauern, Antikapitalisten. Diesmal sind es nur noch selbstgeschriebene Plakate von einer Handvoll Demonstranten. Die FDP ist nicht mehr in der Regierung, Forderungen verhallen. Das Gedränge beim Dreikönigstreffen wird weniger, prominente Gesichter rarer.

Für die Liberalen ist das ein Trauma, das sie eigentlich bewältigt glaubten. Mit der Landtagswahl in Bayern 2013, als die FDP herbe Verluste einstecken musste und die Fünf-Prozent-Hürde nicht erreichte, zeichnete es sich damals ab. Bei der Bundestagswahl eine Woche später schaffte es die Partei erstmals nicht in den Bundestag, fiel in sich zusammen. FDP-Urgestein Hans-Dietrich Genscher nannte es im „Spiegel“ damals „die dunkelste Stunde in der Parteigeschichte“. Und resümierte: „Es kam, wie es kommen musste, und nicht unverschuldet.“ Der Mann der Stunde: Christian Lindner. Er führte die FDP 2017 mit 10,7 Prozent wieder in den Bundestag.

Und genau dieser Mann steht mit seiner FDP wieder vor jenem Abgrund. Kommt jetzt, was kommen muss? „Man führt Wahlkämpfe, um Umfragen zu ändern“, ruft er. Ganz nach dem Motto des Slogans, der über seinem Kopf prangt. „Alles lässt sich ändern.“

Die Partei setzt jetzt voll auf altbekannte Pferde. Weniger Staat, weniger Bürokratie, weniger Steuern, mehr Freiheit. Nach drei Jahren Regierungsarbeit sehe er den Staatsapparat „skeptischer als zuvor“. „Unser Staat ist zu weiten Teilen dysfunktional geworden, weil er zu groß geworden ist“, klagt der Ex-Finanzminister.

Lindner bleibt dabei, die FDP habe „für unsere Überzeugung, dass das Land eine Wirtschaftswende braucht, ein weiteres Mal in unserer Geschichte, unsere gesamte politische Existenz in die Waagschale“ geworfen. Für das Ampel-Aus will er sich also nicht entschuldigen. Danach sei die Partei aber „unsouverän und auch unprofessionell, mit Indiskretion, mit menschlichen Enttäuschungen und gezielten Kampagnen unserer politischen Gegner umgegangen“, räumt er ein.

Mit den einstigen Koalitionspartnern ist der FDP-Chef aber offensichtlich durch. Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün wäre nur eine „Ampel light“, warnt er und wirbt erneut für Schwarz-Gelb. Allerdings dürfte es der Union nicht sonderlich schmeicheln, wenn Lindner sie als „politisches Chamäleon“ bezeichnet – weil sie in seinen Augen immer die Farbe ihres Koalitionspartners annehme.

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