Zerstörte Straße in einem Flüchtlingslager. © Mahdi/dpa
Tel Aviv/Ramallah – Nach einem Anschlag mit drei toten Israelis im nördlichen Westjordanland hat die israelische Luftwaffe in der Nacht eine Gruppe Bewaffneter angegriffen. Ein Kampfflugzeug habe die „Terroristen“ in der Gegend von Tamun im Jordantal attackiert, teilte die Armee mit. Tamun liegt rund 13 Kilometer von Nablus entfernt. Westlich von Nablus hatten mutmaßlich palästinensische Angreifer zuvor einen Anschlag auf einen Bus verübt, bei dem zwei Frauen und ein Mann getötet und acht weitere Menschen verletzt wurden. Ob der Luftangriff mit dem Anschlag zusammenhängt, war zunächst unklar.
Unbestätigten Medienberichten zufolge kam es nach dem Anschlag zu Übergriffen israelischer Siedler auf palästinensische Bewohner. So sollen sie in einem nördlich vom Tatort gelegenen Dorf ein Auto in Brand gesteckt haben. Aufnahmen zeigten, wie Bewohner versuchen, das Feuer zu löschen, berichtete die „Times of Israel“. Demnach gab es keine Berichte über Festnahmen der gewalttätigen Siedler durch israelische Sicherheitskräfte.
Die ohnehin gespannte Lage im Westjordanland hat sich seit dem Terrorüberfall der Hamas in Israel mit 1200 Toten am 7. Oktober 2023 und dem dadurch ausgelösten Gaza-Krieg deutlich verschärft. Seitdem wurden dort nach Angaben des Gesundheitsministeriums bei israelischen Militäreinsätzen, bewaffneten Auseinandersetzungen und Anschlägen von Extremisten rund 800 Palästinenser getötet. „Wir führen einen intensiven und weitreichenden Kampf gegen den Terrorismus in Judäa und Samaria (hebräisch für Westjordanland)“, sagte Israels Generalstabschef Herzi Halevi am Tatort des jüngsten Anschlags.
Im Bemühen um die Freilassung der Geiseln in der Gewalt der Hamas hat Israels Staatspräsident Izchak Herzog unterdessen in Jerusalem internationale Krisenbeauftragte getroffen. Die Repräsentanten aus den USA, Großbritannien, Kanada, Deutschland und Österreich seien eigens für ein Treffen mit dem für Geiseln und Vermisste zuständigen Brigadegeneral Gal Hirsch angereist, erklärte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Für Deutschland war Jens Jokisch dabei, Krisenbeauftragter des Auswärtigen Amtes. Auch Gespräche mit Angehörigen von Geiseln waren geplant.
Ob der Besuch auf möglicherweise bevorstehende Fortschritte bei den zähen Gesprächen über eine Waffenruhe in Gaza und die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas hindeuten könnte, ist aber unklar. Es gab zuletzt wieder Zeichen der Hoffnung bei den indirekten Gesprächen unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars, diese waren aber bisher immer wieder enttäuscht worden.
100 Geiseln – darunter auch Leichen – werden nach israelischen Angaben noch von der Hamas festgehalten. Darunter sind auch vier Israelis – zwei davon getötete Soldaten –, die sich schon seit einem Jahrzehnt in der Gewalt der Hamas befinden.