KOMMENTARE

Merz muss jetzt rackern

von Redaktion

Die CDU im Umfragenebel

Nach dem Magdeburg-Attentat hat Friedrich Merz für einen Oppositionsführer mitten im Wahlkampf klug reagiert: besonnen, würdevoll. Mit einigen Tagen Abstand legte er dann Schlussfolgerungen als Teil eines klaren Konzepts für die Migrationspolitik vor. Das war gut – klappt bei Merz aber noch zu selten. In der Summe ist der Unions-Kanzlerkandidat derzeit zu wenig präsent. Verständlich, dass bei der CSU, die den deutlich kraftvolleren Wahlkämpfer in ihren Reihen hat, die Unruhe wächst. Das giftige Wort vom „Schlafwagen“ fiel bereits. Das ist übertrieben, vor allem in der Rückschau auf die Laschet-Taumeleien 2021, aber die Ansage ist klar: Friedrich, leg zu!

Drei Themenfelder muss Merz mit Wucht rausarbeiten. In der Migration kann er als alter Merkel-Gegner einen Kurswechsel verkörpern, der auf einem Stopp der illegalen Zuwanderung (und geordnetem Ausbau der legalen), härteren Abschiebungen und Leistungskürzungen fußt. Da gibt es endlich Einigkeit in der Union. In der Wirtschaftspolitik könnte er für die Rückkehr zum Leistungsgedanken und radikalen Bürokratieabbau stehen. Und in der internationalen Politik müsste er den Wählern das beruhigende Gefühl vermitteln, vernetzt zu sein, Achsen in Europa zu stärken und das transatlantische Verhältnis auch in Trump-Zeiten zu pflegen. Wo ist er denn, der Transatlantiker Merz? Zur Außenpolitik-Agenda zählt auch, die Ukraine unverrückbar zu stützen, von ukrainischen Flüchtlingen hier aber mehr zu verlangen.

Merz deutet all das schon irgendwie an, hier ein bisschen, da ein bisschen, dazwischen tagelang Sendepause. Das reicht nicht für diesen Blitz-Wahlkampf, der Anfang Februar mit dem Start der komprimierten Briefwahl-Phase schon am Höhepunkt sein muss. Die Union kann sich nicht darauf verlassen, dass schon Wechselstimmung herrscht, weil die Menschen die Ex-Ampel so gestrichen satt haben. Dieses Gefühl ist da – und wie! –, aber es zahlt nicht bei der CDU ein, die ohne CSU-Anteil bei wirklich kläglichen 25 Prozent festhängt, gar nicht so weit vor der AfD.

Das Schlüsselproblem: Die Leute sind absolut für Merz‘ gute Agenda, aber sie glauben Merz‘ Truppe noch nicht, dass er seine Versprechen wirklich umsetzt. Dieser Fluch der Merkel-Zeit („Aber ihr habt doch 16 Jahre regiert!“) klebt noch sehr hartnäckig an der Union, obwohl Merz in diesen Jahren nicht Teil der Politik war. Flüche kann man nicht wegnuscheln oder aussitzen. Wenn der Kanzlerkandidat das Land von sich überzeugen will, muss er jetzt präsent sein und pausenlos rackern.
CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET

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