Thomas-Mann-Haus. © Gregor Tholl/dpa
Villa Aurora. © Barbara Munker/dpa
Es ist die berühmte Straße Sunset Boulevard in Los Angeles, die die Villen-Landschaft von Pacific Palisades hoch über dem Stillen Ozean mit der Küste verbindet. Auf gut 8000 Hektar dort wüten jetzt die Flammen, angetrieben von Trockenheit und heißem Wind, der über die Santa-Ana-Berge kommt. Das ist die größte Katastrophe, die diese begnadete Gegend jemals erlebt hat. Jetzt ist sogar an vielen Bereichen das Löschwasser ausgegangen. Große Teile von Palisades sind abgesperrt, die Menschen, wenn sie es geschafft haben, längst geflohen. Dort liegen die Villen der emigrierten Schriftsteller Lion Feuchtwanger und Thomas Mann. Die Villa Aurora mit der Adresse 520 Paseo Miramar und das 1941 errichtete Wohnhaus von Thomas Mann, 1550 North San Remo Drive. Beide gehören dem Bund. Sie sind die wichtigsten Erinnerungsstätten der deutschen Emigrations-Literatur. In dieser Nachbarschaft lebten auch andere Emigranten wie Max Horkheimer, Bertolt Brecht, Franz Werfel, Heinrich Mann, Alfred Döblin und Vicki Baum. Man hat diesen Höhen oberhalb der Meeresküste deshalb den Namen „Weimar am Pazifik“ gegeben.
Die Emigranten bildeten eine enge Gemeinschaft untereinander, bei aller Verschiedenheit ihrer Ansichten.
Vor allem Thomas Mann aber legte großen Wert darauf, dass durch den gesellschaftlichen Verkehr sein strikter Arbeitsrhythmus nicht gestört wurde. Bei Vorlesungen seiner Werke in der Villa Feuchtwanger bestand er darauf, dass der Abend pünktlich um acht anzufangen hatte. Spätestens um elf Uhr abends wollte er wieder zu Hause sein.
Während die meisten der im Exil Lebenden sich nur mühsam ernähren konnten und auf die Hilfe anderer angewiesen waren, ging es sowohl Feuchtwanger wie auch Thomas Mann im Exil wirtschaftlich recht gut. Denn ihre Bücher wurden eifrig gelesen in den USA. Thomas Mann war dazu so etwas wie der Repräsentant der deutschen Emigration. Seine Radiobeiträge „Deutsche Hörer“ wurden trotz strikten Verbotes der Nazi-Regierung in Deutschland heimlich gehört.
1952 ging Thomas Mann nach Europa zurück. Das Land war ihm zu konservativ geworden. Auch suchte er den deutschen Sprachraum. Feuchtwanger blieb bis zu seinem Tode in der Villa Aurora und beklagte den Wegzug so vieler Vertrauter: „Mein Leben hier ist etwas einsam geworden, seit Thomas Mann und Charlie Chaplin die USA verlassen haben.“ Er starb 1958 und wurde auf dem Woodlawn Friedhof in Santa Monica begraben. Tage nach seinem Tod kam die Urkunde seiner Einbürgerung, auf die er lange gewartet hatte, per Post in die Villa Aurora.
Thomas Mann hat später seine im Bauhaus-Stil errichtete Villa in Pacific Palisades als das schönste Haus bezeichnet, in dem er gelebt habe. Möge es, wie auch die anderen Erinnerungsorte deutscher Exilkultur, aus dem Flammeninferno errettet werden. Weimar am Pazifik ist ein Besitz für immer. Ein dauerndes Zeichen deutsch-amerikanischer Verbundenheit in einer wieder von Mächten der Finsternis bedrohten Welt.
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