Kfir (1) ist die jüngste Hamas-Geisel. Noch immer werden 94 Menschen in Gaza festgehalten. © dpa
München – Das Leid ist kaum in Worte zu fassen. Mit gerade einmal neun Monaten wurde Kfir Bibas von Hamas-Terroristen aus dem Kibbuz Nir Oz in den Gazastreifen verschleppt. Auch sein Bruder Ariel (5), seine Mutter Shiri und sein Vater Yarden wurden entführt. Das war am 7. Oktober 2023. Bis heute ist die Familie nicht frei. Am 18. Januar wird Kfir zwei Jahre alt. Die längste Zeit seines Lebens ist er in Gefangenschaft.
Das Schicksal der Familie, des kleinen Kfirs, hat die Welt bewegt. Bei Demonstrationen für einen Geisel-Deal und gegen den Kriegskurs von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu werden immer wieder die Babyfotos von ihm gezeigt. Darüber prangt in Rot „Entführt“. Auch bei einem Deal im November 2023 kam die Familie Bibas nicht frei. Damals wurden 105 israelische Geiseln im Gegenzug zu 240 palästinensischen Häftlingen ausgetauscht. Seither befinden sich noch immer 94 Menschen in der Gewalt der Terroristen, 34 werden aber für tot gehalten.
Jetzt gibt es Hoffnung. „Im Krieg zwischen Israel und der Hamas stehen wir kurz davor, dass ein Vorschlag, den ich vor Monaten ausführlich dargelegt habe, endlich verwirklicht wird“, sagte der scheidende US-Präsident Joe Biden am Montag. Laut israelischen Medien wird an einem Drei-Stufen-Plan gearbeitet. In einer ersten Phase sollen mehr als 30 „humanitäre Fälle“ freigelassen werden, danach junge Männer und Soldaten. Laut der Jüdischen Allgemeinen hat Israel eine Liste mit Namen für die erste Phase der Freilassungen vorgelegt. Darunter ist auch die Familie Bibas. Als letzte Stufe wird ein Wiederaufbau des zerstörten Gazastreifens und eine alternative Regierung anvisiert.
Es sind indirekte Verhandlungen in Doha zwischen der Terrororganisation und Israel. Katar, Ägypten und die USA vermitteln. Biden hatte am Sonntag mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu gesprochen und am Montag mit der Führung in Katar. Zuletzt hatte die US-Diplomatie ihre Bemühungen noch einmal verstärkt, damit ein Abkommen noch vor Bidens Ausscheiden aus dem Amt am 20. Januar zustande kommen könnte. Trump hatte bereits damit gedroht, dass „die Hölle losbrechen“ wird, sollten die Islamisten nicht bis zum 20. Januar alle Geiseln freilassen. „Und das wird nicht gut für die Hamas sein, und es wird – offen gesagt – für niemanden gut sein.“ Trumps designierter Vize J.D. Vance: „Das bedeutet, die Israelis in die Lage zu versetzen, die letzten Bataillone der Hamas und ihre Führungsriege auszuschalten.“ Aber auch „aggressive Sanktionen“ für Unterstützer von Terrororganisationen.
Vielleicht kann die Familie Bibas Kfirs zweiten Geburtstag dann gemeinsam verbringen – wenn sie alle noch am Leben sind.
L. HUDELMAIER